Ein Parkplatz, ein Haus

Ein finnisches Designbüro will auch auf kleinsten Flächen komfortable Wohnungen herstellen.

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Die Wohnungsnot nimmt auch in vielen deutschen Städten bedrohlich zu – wo die Wirtschaft wächst, kommt die Bauindustrie kaum hinterher, für Zugezogene bezahlbaren Platz zum Leben zu schaffen. Dabei sind nicht nur die in den letzten Jahren stark gestiegenen Herstellungskosten ein großes Problem, sondern vor allem auch die enorme Teuerungsrate bei den Bodenpreisen.

Da würde es helfen, wenn man den vorhandenen Platz effizienter ausnutzen könnte. – und vielleicht auch Flächen, die derzeit anderweitig belegt sind. Das ist der Grundgedanke hinter dem sogenannten Tikku-Haus, das das finnische Architektur- und Designbüro Casagrande Laboratory entworfen hat.

"Tikku" bedeutet in der finnischen Sprache soviel wie "Stab" oder "Stock" – und stabartig wirkt das Tikku-Haus, von dem Ende 2017 ein Prototyp in Helsinki präsentiert wurde, auch.

Die Grundfläche entspricht ziemlich genau der eines herkömmlichen europäischen Parkplatzes – mit einer Länge von knapp 5 Metern bei einer Breite von 2,5 Metern. "Wo immer ein Auto hinpasst, passt auch Tikku hin", so Casagrande Laboratory und sein Gründer, der Architekt Marco Casagrande.

Ein Tikku-Haus könnte man also dort aufstellen, wo momentan ein einzelnes Fahrzeug parkt. Die geringe Grundfläche wird durch Höhenwachstum wettgemacht. Drei Stockwerke plus ein verglastes Schrägdach hat der Prototyp. Das soll auch für ein Paar ausreichend sein, wobei die Gesamtfläche nur 37,5 Quadratmeter umfasst.

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"Micro-Apartment-Haus" nennt Casagrande das. Die einzelnen Module sollen sich in weniger als einem Tag montieren lassen. Sie bestehen aus sogenanntem Cross Laminated Timber, kurz CLT, Massivholzplatten, die aus mehreren Schichten bestehen und je nach Dicke eine gute Isolierung aufweisen sollen.

Laut Casagrande reichen 20-cm-CLT-Platten aus, um auch kalte Winter erträglich zu machen – obwohl Standard-CLT fünf Mal leichter sei als Stahlbeton. Zudem ist CLT flexibler und in Erdbebengebieten stabiler.

Der Tikku-Prototyp war in drei Bereiche unterteilt: Schlafen, Arbeiten sowie ein Gewächshaus in der obersten Etage, das auch als Gartenersatz dient. Wirklich teuer wäre das Haus bei Massenproduktion wohl nicht – der Preis könnte, so ein Medienbericht, bei unter 35.000 Euro liegen, in der Konfiguration mit drei Stockwerken. Ein Tikku kostete dann, mit anderen Worten, so viel wie ein Auto.

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Cassagrande, der das Tikku-Haus zusammen mit seinen Kollegen Nikita Wu und Taijirou Okuda gestaltet hat, hofft, dass er daraus ein gutes Geschäft entwickeln kann. Es sei denkbar, ganze Parkplätze von Einkaufszentren voller Tikkus aufzustellen.

Möglicherweise kommt ihm hier ein Trend im Einzelhandel entgegen: Die Shopping-Mall mit riesigen Halteflächen für Autos kommt in vielen westlichen Ländern immer mehr außer Mode. So stehen etwa in den USA mittlerweile zahlreiche Einkaufszentren leer, die auf eine Nachnutzung warten. Wie wäre es da mit Wohnen und Freizeit?

(bsc)