Daimler vernetzt seine Sprinter

Im nun präsentierten neuen Mercedes-Benz-Transporter kann durch Vernetzungstechnik haarklein erfasst werden, wo das Fahrzeug wann steht und welche die beste Route wäre, um zum Beispiel möglichst viele Kundenaufträge abzuarbeiten.

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Daimler vernetzt seine Sprinter

(Bild: Daimler)

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Von
  • dpa
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Daimler hat am Dienstag in Duisburg das neue Modell seines Sprinters vorgestellt. Eine zentrale Neuerung des Transporters ist eine bessere Datennutzung: Durch Vernetzungstechnik soll haarklein erfasst werden, wo das Fahrzeug wann steht und welche die beste Route wäre, um zum Beispiel möglichst viele Kundenaufträge abzuarbeiten. "Wir machen den neuen Sprinter zur smarten Hardware – zum Knotenpunkt im Internet der Dinge", sagte Volker Mornhinweg, Chef der Daimler-Vansparte. Der neue Sprinter ist ab so sofort bestellbar und soll im Juni verfügbar sein.

Die Idee hinter der webbasierten Technik mit Konnektivitäts-Hardware und den Diensten von "Mercedes PRO connect": Noch immer werden viele Lkw und auch Transporter nicht optimal genutzt. Entweder fahren sie halbleer durch die Gegend oder sie stehen den halben Tag ungenutzt auf einer Baustelle herum – während ein Fahrzeug eines Kollegen an einer anderen Baustelle parkt. Gäbe es einen besseren Überblick und gute Planungsmöglichkeiten über die Einsätze und Routen, könnten die Kosten sinken – etwa weil sich ein Unternehmen den einen oder anderen Transporter in einer Flotte sparen könnte, lautet eine Grundidee.

Gut 200.000 Sprinter setzte Daimler 2017 ab, Konkurrent VW kam mit dem Crafter auf etwa ein Viertel davon. Im neuen Sprinter ist die Datentechnik "Mercedes PRO connect" nun erstmals serienmäßig verbaut. Sie soll den Kunden – neben Handwerkern auch Speditionen oder Online-Händlern – eine bessere Nutzung ermöglichen. "Yes we can", schwärmte Daimler-Chef Dieter Zetsche über den neuen Sprinter. Vertreter von Kunden wie dem Paketdienst Hermes und dem britischen Online-Lebensmittelhändler Ocado traten in Duisburg auf und lobten das Produkt der Schwaben.

Beim Thema vernetzte Transporter ist Daimler keineswegs allein auf weiter Flur – die ganze Branche peilt eine bessere Datennutzung an. So verkauft Volkswagen seit dem vergangenen Jahr die Technik "ConnectedVan" als Online-Dienst für das Fuhrparkmanagement. Auch Handwerker könnten damit ihre Crafter besser einsetzen, sagt ein VW-Sprecher. Wenn ein neuer Auftrag hereinkommt, kann ein Handwerkschef in Echtzeit sehen, welches seiner Fahrzeuge am nächsten ist. Würden zudem Ersatzteile gebraucht, könnte die Route eines nahen Fahrzeugs unkompliziert zur Abholung umgelenkt werden.

Ob von Daimler oder VW, die Systeme sind ähnlich: Wartungen und Reifenwechsel sollen dank der Technik früh erkannt und geplant werden, um zu vermeiden, dass ein Fahrzeug kurzfristig in die Werkstatt muss und dort lange herumsteht. "Standzeiten sind Verlustzeiten – das ist der Treiber des Ganzen", sagt der VW-Sprecher. Wie genau die "ConnectedVan"-Technik angenommen wird? Dazu sagte er nur so viel: "Die Kundennachfrage ist da."

Aus Expertensicht ist klar: Vernetzung wird immens wichtig. Dies gelte für die dank Online-Handel kräftig wachsende Logistik, aber auch für das Handwerk, sagt Peter Fuß von Ernst & Young. "Viele Transporter von Handwerkern stehen viel zu lange herum, ohne dass sie genutzt werden – damit verlieren die Betriebe Geld."

In der Entwicklung von Vernetzungstechnik hätten sich die Hersteller lange auf Pkw konzentriert, nun setzten sie auch auf Transporter. Aus seiner Sicht ist solch eine Technik zudem ein Schritt hin zum autonomen Fahren – Datenströme würden erzeugt und ausgewertet, die in einigen Jahren für selbstfahrende Autos genutzt werden könnten.

Stefan Bratzel von der Hochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach weist auf ein latentes Problem hin: "Es geht um Transporteffizienz, aber man hat ein Stück weit auch den gläsernen Fahrer." Die Arbeit wird also transparenter. Macht ein Fahrer länger als üblich eine Pause oder nutzt er eine Dienstfahrt für einen privaten Zwischenstopp, könnte das in der Firmenzentrale leichter auffallen. Das Thema Datenschutz gewinne dadurch an Relevanz, meint Bratzel.

(anw)