Einkaufsstratege

Daimler hat einen neuen Großaktionär

Li Shufus Ziel ist nichts Geringeres, als zukünftig zu einem Global Player in Sachen Mobilität zu werden. Als jüngsten Coup kaufte er 9,69 Prozent der Aktienanteile von Daimler für rund 7 Milliarden Euro auf und erwischte den Stuttgarter Konzern damit kalt

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  • iga
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Li Shufu geht gerne einkaufen. Am liebsten Autokonzerne. Der Boss der chinesischen Automarke Geely gilt als geschickter Stratege, der sich aus kleinsten Verhältnissen hochgearbeitet hat. Der Sohn eines einfachen Reisbauern aus der Küstenstadt Taizhou hat es zum Multimilliardär gebracht, ist KP-Mitglied und pflegt enge Kontakte zum Zentralkomitee in Peking. In China schließen sich Kapitalismus und Kommunismus nicht aus. Li Shufus Ziel ist nichts Geringeres, als zukünftig zu einem Global Player in Sachen Mobilität zu werden.

Bei Daimler eingekauft

Als jüngsten Coup kaufte Li Shufu mehr oder weniger unauffällig 9,69 Prozent der Aktienanteile von Daimler für rund 7 Milliarden Euro auf und erwischte den Stuttgarter Konzern damit kalt. Daimler hat Li Shufu gar nicht gut in Erinnerung, das erste Auto, das Geely 1998 baute war ein dreistes Plagiat eines Mercedes. Damals wurde Li Shufu noch gerichtlich abgemahnt, heute muss die Daimler-Chefetage ihn zähneknirschend empfangen.

Li Shufu denkt strategisch. Er will mit Mercedes eine Allianz bilden, um den zukünftigen großen Playern in Sachen autonomes Fahren und Elektro-Mobilität aus dem Silicon Valley wie Google und Uber, aber auch chinesischen Internet-Giganten wie Alibaba die Stirn bieten zu können. Dass Mercedes in China schon lange eine Kooperation mit der Marke BAIC eingegangen ist, und just eine Investition von 1,9 Milliarden Dollar angekündigt hat, um die gemeinsame Produktion im Reich der Mitte zu erhöhen, schreckt Li Shufu nicht ab.

Vorausblickender Stratege

Er hat schon immer seine Chancen ergriffen. Als junger Mann in den 1980er Jahren lieh er sich von seinem Vater umgerechnet etwa 100 Euro, kaufte sich davon eine Kamera und wurde Fotograf – damals ein ungewöhnlicher Beruf in der streng kontrollierten Volksrepublik China. Angeblich soll ihm beim Hantieren mit Entwicklungs-Chemikalien in der Dunkelkammer die Idee gekommen sein, Elektroschrott zu recyceln. Als die Konkurrenz in der Elektroschrott-Branche zu groß wurde, gründete er eine Kühlschrankfabrik und stellte später Motorräder her.

Den entscheidenden Schritt tat er 1998, als er die Erlaubnis erhielt, als Privatmann eine Autofabrik zu eröffnen. Geely bedeutet auf deutsch soviel wie „Glück verheißend“, bei Li Shufu hatte das aber weniger mit Glück, als vielmehr mit Fleiß, Kalkül und Geschick zu tun. Er besitzt zwei Uniabschlüsse als Ingenieur und reagiert schon mal ungehalten, wenn Journalisten zu kritische Fragen stellen. Heute gehört der 54jährige zu den zehn reichsten Chinesen, sein Vermögen wird auf etwa 17 Milliarden US-Dollar geschätzt und in seiner Heimat gilt er als Idol. Letztes Jahr produzierte Geely 1,24 Millionen Autos und mit einem Umsatz von 42 Milliarden US-Dollar war die Zheijang Geely Holding Group der größte chinesische Autokonzern in Privatbesitz.

Markensammler

International bekannt wurde Li Shufu 2007, als er sich am traditionsreichen Hersteller London Taxi Company beteiligte und ihn sechs Jahre später ganz aufkaufte. Für großes Aufsehen sorgte 2010 seine Übernahme von Volvo Cars. Die damals kränkelnde schwedische Marke hat Li Shufu inzwischen wieder zu einem lukrativen Hersteller gemacht. Er hat angekündigt, dass Volvo zukünftig nur noch Autos mit Elektroantrieben bauen wird, nachdem die chinesische Regierung beschlossen hatte, dass bis 2020 zwölf Prozent aller Neuwagen im heimischen Markt rein elektrisch angetrieben werden müssen. Auf der technischen Basis von Volvo CMA (Compact Modular Architecture) werden zudem die Autos von Geelys Marke Lynk & Co produziert.