AT&T stellt interaktives Fernsehen vorerst ein

AT&T stellt seinen interaktiven Fernsehdienst ein, nachdem die Kunden mit den Set-Top-Boxen anscheinend nicht zurecht kamen.

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Von
  • David Adamczewski

Der US-Telekommunikationsgigant AT&T hat seinen interaktiven Fernsehdienst vorerst vom Markt zurückgezogen. AT&T plant, eine einfachere Version der Set-Top-Boxen zu veröffentlichen. Der US-Kabelnetz-Betreiber begründet seine Entscheidung damit, dass die Kunden auf die fortschrittlichen Geräte nicht vorbereitet waren. Eine andere Erklärung könnte aber sein, dass Microsoft sich anscheinend außer Stande sah, die zugesagte Set-Top-Boxen-Software innerhalb der letzten 18 Monate zu liefern. Nach einem Bericht der New York Times liegen derzeit 240.000 Decoder vom US-Hersteller Motorola seit 18 Monaten ungenutzt bei AT&T auf Lager.

Vor zwei Jahren vereinbarten AT&T und Microsoft eine Zusammenarbeit, in der sich die Redmonder verpflichteten, Software für mehr als zehn Millionen Decoder zu liefern. Zusätzlich sollte der AT&T-Partner die Server-Software entwickeln, womit die Anbieter von TV-Programmen ihre Services über Kabel oder Satelliten verbreiten können. Dafür investierten die Windows-Entwickler vor zwei Jahren fünf Milliarden US-Dollar in den mit 16 Millionen Abonnenten größten TV-Kabelnetzbetreiber der USA.

Angedacht waren Angebote wie Homebanking, interaktive Musikkanäle, Shopping-Möglichkeiten und auch Online-Spiele. Zudem sollten über die Set-Top-Box Telefonate und Hochgeschwindigkeits-Internetzugänge realisiert werden. Ursprünglich war der Dienst vor einem Jahr und erste Pilotprojekte im zweiten Quartal 2000 geplant. Bereits im August 2000 wurden erste Liefer-Verzögerungen von Microsoft TV bekannt. Aber auch sonst scheinen die Investitionen des US-Software-Entwicklers in Kabelnetz-Betreiber keinen Profit abzuwerfen. Bereits im vergangenen Jahr hatten die EU-Wettbewerbshüter Microsoft daran gehindert, den Kabelanbieter Telewest zu übernehmen.

Microsoft gelang es bisher nur einmal, dass eine Investition in einen Kabelnetz-Betreiber letztendlich zum Erfolg führte. TV Cabo mit Sitz in Portugal startete sein interaktives Fernsehangebot am vergangenen Donnerstag. Zudem gaben die Redmonder weitere Pilotprojekte mit dem größten mexikanischen Kabelnetz-Unternehmen Cablevision und dem israelischen Kabelnetz-Betreiber Matav Media bekannt. Nach einer Meldung der Financial Times Deutschland räumte der Microsoft-Chef Steve Ballmer in Lissabon beim Startschuss des TV-Cabo-Angebotes ein, den Markt mit schnellen Internet-Anschlüssen falsch eingeschätzt zu haben. Seiner Ansicht nach verläuft hier der Fortschritt langsamer als ursprünglich gedacht. AT&T will jetzt einfachere Set-Top-Boxen auf den Markt bringen, die zudem Video-on-Demand beherrschen und zusätzlich über einen digitalen Programm-Guide verfügen. Auf Anfrage von heise online wollte Microsoft die Ereignisse noch nicht kommentieren. (daa)