EU-Kommission will Verbraucherschutz bei "Gratis-Diensten" stärken

Facebook, Google und andere Anbieter von Online-Diensten, für die Nutzer mit ihren persönlichen Daten bezahlen, sollen Verbraucher künftig vorab besser über die Vertragsbedingungen informieren und ein Rücktrittsrecht einräumen müssen.

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EU-Kommission will Verbraucherschutz bei "Gratis-Diensten" stärken

(Bild: dpa)

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Der Präsident der EU-Kommission, Jean-Claude Juncker, hatte im September einen "New Deal" für Verbraucher versprochen. Nun will die Kommission Taten folgen lassen und hat eine Reform von Verbraucherschutzregeln für den digitalen Bereich vorbereitet. Laut einem Richtlinienentwurf, den "Euractiv" veröffentlicht hat, sollen Facebook, Google und andere Anbieter von Online-Diensten, für die Nutzer mit ihren persönlichen Daten bezahlen, die Anwender künftig vorab besser über die Vertragsbedingungen informieren müssen. Vorgesehen ist zudem ein Rücktrittsrecht von 14 Tagen unabhängig davon, ob die Verbraucher den Anbieter mit Geld oder personenbezogenen Informationen entlohnt haben.

Eingeschlossen sein sollen etwa Cloud-Speicherdienste, soziale Medien oder E-Mail-Provider. "Angesichts des zunehmenden ökonomischen Werts persönlicher Daten sind diese Daten nicht mehr einfach 'frei'", begründet die Kommission ihr Vorhaben. Verbraucher müssten daher in solchen Fällen die gleichen Rechte haben wie bei Services, für die sie ganz normal bezahlen. Weit gediehen ist parallel bereits ein Gesetzespaket, über das Nutzer auch dann Ansprüche auf Reparatur, Updates oder Rückgabe digitaler Angebote erhalten werden, wenn sie im Gegenzug etwa für den Zugang zu einem Streaming-Dienst, einem E-Book oder zu einer App ihre persönlichen Daten abgeben.

Mit der neuen Initiative will die Kommission ferner Online-Marktplätze wie Amazon oder eBay zu mehr Transparenz verpflichten. Sie müssten künftig die Online-Einkäufer über standardmäßig eingesetzte Bewertungskriterien informieren, die darüber entscheiden, an welcher Position Verkaufsgegenstände in einer Suchliste angezeigt werden. Die Handelsplätze sollen zudem die Verbraucher darüber aufklären, ob angepriesene Waren von ihnen selbst oder Drittparteien stammen. Davon ist oft abhängig, welche speziellen Rechte und Geschäftsbedingungen mit einem Kauf verknüpft sind. Solche Informationen dürften nicht mehr im Kleingedruckten der Plattformen versteckt werden.

Verbraucherschutzrechte sollen auch einfacher und umfassender durchgesetzt werden können. Bei "weitläufigen", grenzüberschreitenden Verstößen in diesem Bereich könnten die Aufsichtsbehörden künftig einem Unternehmen Geldbußen bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes aufbrummen. Die Vorgaben würden damit weitgehend angepasst an die Sanktionsmöglichkeiten in der neuen Datenschutz-Grundverordnung.

Diesen Ansatz hält die Kommission für nötig angesichts jüngster umfassender Verletzungen des EU-Verbraucherrechts etwa in der Dieselaffäre oder bei massiven Streichungen von Flügen. Bisher ist VW in Europa in dem Skandal um Abschalteinrichtungen und erhöhte Schadstoffemissionen bei staatlichen Sanktionen deutlich glimpflicher davongekommen als in den USA. Verbraucherschutzorganisationen plädieren seit Langem dafür, dass Strafen abschreckend wirken müssten. Die in den USA üblichen weitgehenden Schadensersatzmöglichkeiten für Verbraucher sieht der Kommissionsentwurf aber nicht vor.

Das jetzt kursierende Papier stammt von Ende 2017, als der Skandal um das Datenabfischen durch Cambridge Analytica bei Facebook noch nicht im Detail an die Öffentlichkeit gelangt war. Ihren finalen Entwurf, der eventuell noch schärfer ausfallen könnte, will die EU-Kommission im April publizieren. (anw)