Elektromobilität: Ladesäulen-Förderung des Bundesverkehrsministeriums unter Beschuss

Das Förderprogramm für eine Ladesäulen-Infrastruktur wird von wenigen Marktteilnehmern angenommen. Im Moment profitieren vor allem die großen Energieversorger.

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Elektromobilität: Ladesäulen-Förderung des Bundesverkehrsministeriums unter Beschuss

(Bild: dpa)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti
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Das Bundesverkehrsministerium hat für seine Ladesäulen-Förderung bisher 704 Förderbescheide für rund 7669 Normal-Ladestationen und für 1610 Schnell-Ladesäulen erteilt. Dabei kamen vor allem die Energieversorger zum Zuge: 37 Prozent der Förderbescheide für Normalladestationen und 45 Prozent der Förderbescheide für Schnellladestationen kommen auf das Konto von 105 Energieunternehmen.

Der Energieversorger EnBW holte über zwei Unternehmen Fördergelder für 260 Schnellladestationen. Die meisten Anträge kommen hier aber von kleinen Stadtwerken, die Fördergelder für einige wenige Ladesäulen beantragten. An zweiter Stelle stehen eine Handvoll spezialisierter E-Unternehmen, auf die 33 Prozent der Bescheide für Normal- und 11 Prozent für Schnellladestationen kommen: Spitzenreiter bei den Schnellladestationen war hier das niederländische Unternehmen Fastned, das 130 Bescheide hereinholen konnte.

RWE-Tochter Innogy erhielt Fördergelder für den Aufbau von 2490 Normal-Ladestationen. Kurt Sigl vom Bundesverband eMobilität kritisiert, dass Innogy damit verbundene Fördermittel dafür einsetze, "um mit den ehemaligen Tochterunternehmen und Stadtwerken bundesweit Contracting-Verträge abzuschließen und sich die Ladepunkte zusätzlich vergolden zu lassen".

Städte und Gemeinde erhielten 21 Prozent der Bescheide für Normalladestationen und 11 Prozent für Schnellladestationen. Hamburg ist dabei mit 541 Normal- und 60 Schnellladestationen Spitzenreiter. Auffallend viele Gemeinden aus Bayern und Baden-Württemberg hatten Anträge gestellt. Städte, gegen welche derzeit Gerichtsverfahren wegen der Nichteinhaltung von Luftreinhaltepläne laufen, hingegen fallen nicht mit besonderem Engagement auf. Die Zahl der Kommunen aus Nordrhein-Westfalen bewegte sich im unteren Feld, Thüringen und Berlin hatten gar keine Anträge gestellt.

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Die Bundesregierung hat im vergangenen Jahr 300 Millionen Euro für den Aufbau von 5000 öffentlich zugänglichen Schnell-Ladesäulen bis 2020 entlang der Bundesfernstraßen reserviert. Mindestens weitere 100 Millionen Euro sollen in den Aufbau von rund 10.000 öffentlich zugänglichen Normal-Ladestationen fließen. LautBundesnetzagentur sind biher insgesamt 4.503 Ladesäulen-Betreiber gemeldet und 9921 Ladepunkte öffentlich zugänglich. Jeder, von der Einzelperson bis zum Großkonzern, kann sich bewerben, wobei der Bund bis zu 40 Prozent der Investitionskosten übernimmt. Ein einzelner Antragsteller darf maximal 5 Millionen Euro erhalten. Der für die Ladesäulen verwendete Strom muss aus erneuerbaren Energien oder aus einem regenerativ erzeugten Strom direkt vor Ort stammen, etwa einem Solarpanel auf dem Carport.

Carsten Hansen vom Deutschen Städte und Gemeindebund sagte heise online mit Blick auf die klammen Kommunen in NRW, dass jede Förderung auch Eigenmittel voraussetze. Auch gebe es Länder wie Bayern, die ergänzende Förderprogramme anbieten. Er plädiert deshalb an die Politik, es dürfe kein Projekt daran scheitern, dass eine Kommune die Eigenmittel nicht erbringen kann. In diesen Fällen solle das Land die kommunalen Eigenmittel übernehmen. Schließlich handele es sich bei der Förderung der E-Mobilität um eine Aufgabe, die über die einzelne Gemeinde hinausgehe.

Bislang werden 46 Millionen der insgesamt 300 Millionen Euro Fördermittel tatsächlich zugesagt, wie aus der Mitte März 2018 vom Bundesverkehrsministerium veröffentlichten Gesamtliste der Bescheidempfänger hervorgeht. Auf den ersten Förderaufruf hin, der im April 2017 endete, wurden mehr als 1300 Anträge gestellt. Im Oktober endete der zweite Förderaufruf, für den 100 Millionen Euro bereitstanden. Das Bundesverkehrsministerium konnte heise online keine Auskunft darüber erteilen, wie viele Anträge für diesen Aufruf gestellt wurden und wieviel Fördergelder ingesamt im vergangenen Jahr abrufbar waren.

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(Bild: heise Autos)

Kurt Sigl, Präsident des Bundesverbands eMobilität, wies gegenüber heise online darauf hin, dass mit der Bundesanstalt für Verwaltungsdienstleistungen (BAV) eine Behörde zuständig ist, die bisher nicht mit Fragen der E-Mobilität konfrontiert war. "Sie hatte erhebliche Anlaufschwierigkeiten und hat zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht einmal den ersten Förderaufruf komplett abgearbeitet." 5 Prozent der Anträge konnten laut Auskunft der Bundesregierung nicht abschließend bearbeitet werden.

Thomic Ruschmeyer, Vorsitzender des Bundesverbands Solare Mobilität, weist auf den hohen bürokratischen Beantragungsaufwand für eine neue Ladesäule hin, der zwar von großen Unternehmen leicht gestemmt werden könne, nicht aber von kleinen und mittlere Unternehmen. Damit meint er nicht nur den Zeitaufwand für den Förderantrag, sondern auch für die Beantragung des speziellen Stromanschlusses beim Stromversorger oder die Anforderungen an eine eichrechtskonforme Ladesäule, die in den Bundesländern unterschiedlich gehandhabt werden. Die kleinen Unternehmen bräuchten deutlich leichtere Förderbedingungen und Ausnahmeregeln, meint Ruschmeyer.

Für Daniel Rieger vom NABU stellt sich die Frage nach dem Hebeleffekt der Förderung: "Angesichts von rund 8 Milliarden Euro jährlicher Subvention für den Diesel ist fraglich, ob bestehende Förderprogramme wie dieses weit genug greifen." Die Besteuerung von fossilen Kraftstoffen, ambitionierte Verbrauchsgrenzwerte für Pkw sowie eine verbindliche Quote für Nullemissionsfahrzeuge könnten eine Verkehrswende schneller herbeiführen.

Mehr über den holprigen Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Autos lesen Sie im Beitrag "Ladehemmung – Der steinige Weg zur Elektro-Tankstelle", der im Heft 9 der c’t erscheint, die am Samstag am Kiosk liegt. (anw)