Wenn der Fisch durch die Vakuumröhre saust

In Norwegen erwägen Lachszüchter die Errichtung neuartiger Logistikinfrastrukturen, um ihre Tiere schnell über große Distanzen zu verbringen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 1 Kommentar lesen
Lesezeit: 3 Min.
Inhaltsverzeichnis

Die Fischerei ist im Königreich Norwegen der wichtigste Wirtschaftszweig gleich nach Öl und Gas. Während die Seefischerei zurückgeht, macht das Land immer mehr Umsatz und Gewinn mit hochprofitablen Zuchtbetrieben – insbesondere im Lachsbereich. Wer heute im Supermarkt den Fisch mit dem rosa Fleisch "vom Fjord" kauft, bekommt nur noch selten Wildtiere.

Ein Problem Norwegens ist – und war stets – die Verkehrsinfrastruktur. Unzählige Tunnel und Brücken sind notwendig, um die zerklüftete Fjordlandschaft mit Straßen zu erschließen. Will man an der Küste entlang, braucht es zudem zahllose Fähren, die das Transportwesen langwierig und teuer machen. Im Winter sind Bergpässe oft geschlossen oder nur in Kolonne durchquerbar. Hinzu kommen enorme Kosten für die Wartung und Reparatur des Wegenetzes. Die Eisenbahn ist in viele Landesbereiche hingegen noch gar nicht durchgedrungen. So fährt sie zwar nach Bergen, lässt zwischen der alten Hansestadt und Trondheim aber das gesamte Westküstengebiet aus, in dem zahllose Zuchtbetriebe ihren Sitz haben.

Mehr Infos

Vielleicht tut es ja eine alternative Infrastruktur? Diese Idee hat man zumindest am SINTEF entwickelt, der größten Forschungseinrichtung des Landes mit Hauptquartier in Trondheim, die jährlich fast 400 Millionen Euro in anwendbare Wissenschaft steckt. Im Rahmen des Projekts "Techniktrends im Transportsektor", mit dem das Institut ergründen will, wie die Zukunft der Verkehrsinfrastruktur in den nächsten 40 Jahren aussieht, steht auch Elon Musks Hyperloop-Idee auf Liste – und zwar zunächst nicht für Menschen, sondern für Fisch.

Statt die Tiere nach der Schlachtung neben dem Zuchtbetrieb mit dem Lkw in alle Welt zu transportieren (Japan gehört zu den größten Abnehmern von High-End-Lachsen), sollen die Fische durch die Hyperloop-Vakuumröhre sausen. Das hätte auch den Vorteil, dass diese keinen so großen Durchmesser haben müsste, wie dies für menschliche Fracht notwendig ist. Einen ersten Projektvorschlag für eine Prototypanlage gibt es bereits, sie soll rund 20 Millionen Euro kosten.

Die Forscher träumen etwa von einer Hyperloop-Verbindung zwischen Trondheim und Paris – 1400 km Luftlinie sind das ungefährt. Mit einer Geschwindigkeit von 1200 km/h wäre der fangfrische Fisch in einer guten Stunde in der französischen Hauptstadt. Die Norweger trauen sich das auch deshalb zu, weil sie viel Erfahrung im Pipeline-Sektor haben. So betreibt das Land etwa gigantische Gasverbindungen nach Großbritannien.

Das Grundprinzip bei Hyperloop bleibt gleich, egal ob Menschen oder Fische durch das System sausen: Eine Röhre wird unter (nahezu) Vakuum gesetzt, was den Luftwiderstand auf Null setzt. Der Antrieb arbeitet ähnlich wie bei einer Magnetschwebebahn. Ein reiner Lasten-Hyperloop hätte den Vorteil, dass die Sicherheitstechnik weniger anspruchsvoll wäre.

Ökologisch soll die Anlage ebenfalls werden – zwar müsste die Röhre häufig im Tunnel geführt werden, doch auf mindestens der Hälfte der Strecke, etwa zwischen Oslo und Stockholm, könnten auf der Außenseite Solarzellen angebracht werden, um Strom zu gewinnen.

(bsc)