Was vom Öko-Auto übrig bleibt

Das US-Energieministerium investiert in ein Unternehmen, das sich mit der Wiederaufarbeitung von Batterien aus Plug-in-Hybrid-Fahrzeugen beschäftigt.

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Von
  • Tyler Hamilton

Das US-Energieministerium fördert eine kalifornische Firma mit insgesamt 9,5 Millionen Dollar, die die erste Großfabrik zum Recycling von Lithium-Ionen-Batterien aus Elektrofahrzeugen in dem Land aufbauen will.

Das Unternehmen namens Toxco aus Anaheim will die Mittel verwenden, um eine bestehende Fabrik in Lancaster, Ohio, entsprechend aufzurüsten. Dort werden bereits jetzt Bleisäurebatterien und Nickel-Metall-Hydrid-Akkus recycelt, die in den aktuellen Hybrid-Fahrzeugen verbaut sind.

Wirtschaftlich gesehen gibt es eigentlich nur einen geringen Anreiz, Lithium-Ionen-Batterien wiederaufzuarbeiten. Die meisten Akkus enthalten gewichtsmäßig nur geringe Mengen Lithiumkarbonat und das Material ist im Vergleich zu anderen Metallen derzeit relativ billig.

Experten glauben trotzdem, dass eine Recycling-Infrastruktur nützlich wäre – auch um Ängsten zu begegnen, dass der weiträumige Einsatz von Lithium-Ionen-Batterien in Fahrzeugen zu einer Knappheit von Lithiumkarbonat führen könnte. Außerdem soll so einer Abhängigkeit von Produktionsländern wie China, Russland oder Bolivien begegnet werden, die die meisten Reserven kontrollieren. "Aktuell lohnt sich das Recycling noch nicht, aber mit steigender Nachfrage und mehr gebrauchtem Material auf dem Markt könnte sich die Situation ändern", meint Linda Gaines, Forscherin am Transportation Technology R&D Center des Argonne National Laboratory.

Die Fördergelder des Energieministeriums für Toxco mögen eher wie ein Taschengeld wirken – schließlich gab die Bundesbehörde erst in diesem Monat insgesamt 2,4 Milliarden Dollar an Batterie- und Systementwickler von Elektrofahrzeugen aus. Doch das Projekt steht sowieso derzeit noch am Anfang: Der Verkauf von Plug-in-Hybriden oder Komplettstromern ist noch kaum angelaufen. Obwohl Präsident Barack Obama versprochen hat, dass bis 2015 mindestens eine Million Plug-in-Fahrzeuge auf amerikanischen Straßen unterwegs sein sollen, wird es doch wahrscheinlich noch zehn Jahre dauern, bis eine große Recycling-Infrastruktur wirklich gebraucht wird.

Das Aufzeigen dieser Möglichkeit bleibt aber schon deshalb wichtig, weil damit demonstriert wird, dass Elektrofahrzeuge wirklich "grün" sind – sowohl im CO2-freien Betrieb als auch bei der umweltgerechten Herstellung und Entsorgung. "Das Management der Abläufe im Batteriebereich muss verantwortungsbewusst erfolgen – sowohl aus ökologischen als auch wirtschaftlichen Gründen", meint Todd Coy, Executive Vice President bei Kinsbursky Brothers, der Mutterfirma von Toxco.

Die Firma hat gute Startbedingungen. Sie ist schon jetzt der größte Batterierecycler Nordamerikas und arbeitet bereits seit 1992 an seinem kanadischen Standort in Trail, British Columbia, mit Einweg-Lithium-Batterien und entsprechenden Akkus. "Wir kümmern uns schon jetzt um die Masse der vorhandenen Batterien", sagt Coy.

Die Anlage in Trail ist die einzige auf der Welt, die verschiedene Größen und Batteriechemiearten der Lithium-Energiespender verarbeiten kann. Alte Batterien gehen zunächst in eine Hammermühle, wo sie geschreddert werden. Danach lassen sich Komponenten aus Aluminium, Kupfer und Stahl leichter abscheiden. Größere Batterien, die noch eine Ladung enthalten könnten, werden zunächst mit flüssigem Stickstoff kryogenisch behandelt, bevor der Hammer- und Schredder-Prozess eingeleitet wird. Bei knapp 200 Grad Minus liegt die Reaktivität der Zellen bei Null. Dann wird das Lithium extrahiert, indem die Batteriekammern in einem ätzenden Bad geflutet werden, das Lithium-Salze löst. Dieses wird dann ausgefiltert und zur Herstellung von Lithiumkarbonat verwendet. Der verbleibende Schlamm wird dann weiterverarbeitet, um Kobalt zurück zu gewinnen, das zur Herstellung der Batterieelektroden verwendet wurde. Rund 95 Prozent des Prozesses ist vollständig automatisiert.

Das Geld des US-Energieministeriums soll Toxco nun dabei helfen, den in Trail aufgebauten Recyclingprozess nach Ohio zu holen. Dort soll dann die bislang fortschrittlichste Lithium-Batterie-Recyclinganlage entstehen, die mit dem erwarteten Wachstum im US-Elektrofahrzeugmarkt mithalten kann. Der E-Autohersteller Tesla Motors schickt bereits jetzt alte oder defekte Batterien zu Toxco nach Trail. "Für uns ist das sehr wichtig", meint Kurt Kelty, Direktor für Energiespeichertechnologien bei Tesla. Das Recycling-Problem sei von zentraler Bedeutung und müsse dringend "richtig gelöst werden".

Kelty zufolge hat die Wirtschaftlichkeit beim Recycling jedoch viel damit zu tun, wie die Batteriechemie der Lithium-Ionen-Akkus konkret aussieht. Lithium sei aktuell eines der billigsten Metalle. Im Batteriepack des Tesla Roadsters, dessen Ersatz insgesamt 36.000 Dollar kosten kann, steckt nur für rund 140 Dollar Lithium. Bei den meisten Lithium-Ionen-Batterien nimmt das reine Lithium nur drei Prozent der Herstellungskosten ein.

"Das Lithium gehört wirklich zu den zu vernachlässigenden Kosten, wenn man es mit anderen Metallen vergleicht. Nickel oder Kobalt sind diejenigen, die den Recycling-Bereich am stärksten ankurbeln werden", meint Kelty. Durch das Recycling der Nicht-Lithium-Anteile der Batterie verdiene Tesla jetzt schon Geld. "Zwar lesen wir überall Artikel, dass die Industrie bald kein Lithium mehr habe, doch die gehen an der Wirklichkeit vorbei. Es gibt da draußen noch sehr viel Lithium."

Es gibt unterschiedliche Schätzungen, doch der Markt scheint nicht zu lügen. Kobalt verkauft sich derzeit für 20 Dollar pro US-Pfund, während Lithiumkarbonat bei nur 3 Dollar liegt. Kobalt, ein Nebenprodukt von Nickel- und Kupfer-Minen, ist zudem seltener und die Hälfte der gesamten Weltproduktion kommt aus der politisch instabilen Demokratischen Republik Kongo.

Einige Lithium-Ionen-Batteriechemievarianten sind noch unwirtschaftlicher beim Recycling. Die Lithium-Eisenphosphat-Batterien des Anbieters A123 Systems ergeben beispielsweise fast keinen Rücknahmewert. Die billigeren Materialien in der Produktion helfen der Firma, die Konkurrenz auszustechen, sind aber beim Recycling unschön.

Die Lithium-Situation könnte sich demnächst wandeln. Das Beratungsunternehmen Tru Group meint, dass die globale Rezession aktuell zu einem Überangebot des Stoffes geführt hat, was für ungewöhnlich niedrige Preise sorgte. Bis 2013 sollten Angebot und Nachfrage jedoch wieder im Gleichgewicht sein. Um 2017 und später sei dann mit ersten Produktionsengpässen zu rechnen.

Auf lange Sicht glauben einige Marktbeobachter denn auch, dass die Massenproduktion von Elektrofahrzeugen und Plug-in-Hybriden in Kombination mit der Tatsache, dass die meisten Lithium-Reserven außerhalb der USA liegen, auf dem Markt zu Preisanstiegen führen wird. Aus "Peak Oil", der immer geringer werdenden Ölproduktion nach Erreichen des Maximums, könne so tatsächlich noch "Peak Lithium" werden.

Forscherin Gaines untersucht das Knappheitsproblem derzeit genau. Sie leitet ein auf vier Jahre angelegtes Projekt am Argonne-Labor, um die Langzeitnachfrage nach Lithium-Ionen-Batterie-Rohstoffen und die Bedingungen für den Aufbau einer Recycling-Infrastruktur zu ermitteln. Gaines meint, dass es derzeit danach aussehe, dass das Angebot noch bis 2050 ausreiche, selbst wenn es einen Boom bei Plug-in-Fahrzeugen gebe. Recycling bleibe jedoch von großer Bedeutung, damit Amerika unabhängiger von ausländischen Rohstoffen sei. "Wir sollten zeigen, dass das Recycling eine potenziell enge Versorgungslage mildern kann." (bsc)