Wegen Code of Conduct: LLVM verliert wichtigen Entwickler

Rafael Avila de Espindola gehört zu den aktivsten Entwicklern des LLVM-Projekts, doch nun stellt er seine Arbeit ein. Er sieht den neuen Code of Conduct im Kontext einer Social-Injustice-Bewegung.

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LLVM verliert wichtigen Entwickler, Grund: Code of Conduct
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In einer langen Nachricht hat sich Entwickler Rafael Avila de Espindola vom LLVM-Projekt verabschiedet. Als Grund gibt er den Code of Conduct an, verweist aber auch auf die Kooperation mit Outreachy. Wie Phoronix darlegt, verliert LLVM einen seiner aktivsten Programmierer: Er steht auf Platz fünf der eingereichten Commits.

Wie der Entwickler schreibt, hat er sich dem Projekt bereits seit 2006 gewidmet, je nach Arbeitgeber Voll- oder Teilzeit. Trotz einiger ihm missfallender Änderungen der vergangenen Jahre habe aber erst der Code of Conduct dazu geführt, dass er nun sein Mitwirken beenden wird. Zwar stehe in dem Dokument, dass LLVM alle politischen und religiösen Überzeugungen willkommen heiße – aber dass das nur gelten würde, solange man den Ansichten des Code of Conduct zustimme.

Das als Entwurf eingeordnete Dokument unterteilt sich in mehrere Bereiche, so sollen Entwickler freundlich und geduldig sein, andere willkommen heißen sowie rücksichtsvoll und respektvoll auftreten. Außerdem soll man seine Worte mit Bedacht wählen: Beleidigungen sind genauso unerwünscht wie diskriminierende Sprache und Witze. Wer einmal mit jemandem nicht einer Meinung ist, soll zunächst versuchen, sein Gegenüber zu verstehen.

An Outreachy kritisiert Rafael Avila de Espindola, dass das Programm Menschen aufgrund ihrer Herkunft und ihres Geschlechts diskriminieren würde. Es handelt sich um ein Projekt, das sich an Personen richtet, die im IT-Umfeld unterrepräsentiert seien. Um teilnehmen zu dürfen, müssen Bewerber Frauen sein, sich als Genderqueer identifizieren oder transsexuell leben. Ferner müssen sie einer der US-Minorität wie Afroamerikanern oder Hispanics angehören.

Outreachy organisiert bezahlte Praktika für geeignete Teilnehmer, ein Programm, für das LLVM einen Mentor stellen will. Rafael Avila de Espindola gibt an, dass das Projekt so konträr gegen seine eigenen ethischen Ansichten vorgehe. Genaue Beispiele hierfür und dafür, wie er dem Code of Conduct widerspricht, gibt er hingegen nicht an. Allerdings beklagt er, dass es lange Zeit ausschließlich um den technisch besten Code gegangen sei und er sich dem Projekt auch aufgrund der politischen FSF-Querelen beim GCC gewidmet habe.

Andere Entwickler des LLVM-Projekts bedauern seine Entscheidung, er habe ihnen an vielen Stellen weitergeholfen. Kritik am Code of Conduct beendeten die Verantwortlichen schnell, allerdings mit dem Hinweis, dass die Mailing-Liste ausschließlich der technischen Diskussion diene. Bei Phoronix wunderten sich manche Nutzer über die Entscheidung, das Dokument schreibe keine politischen Ansichten vor. Andere Teilnehmer wiesen darauf hin, dass die Vorschriften schnell zur Waffe gegen unliebsame Entwickler mutieren könnten.

Auch bei anderen Projekten führte ein Code of Conduct zu vergleichbaren Diskussionen: FreeBSD stieß mit seinen Verhaltensregeln ebenfalls auf den Unwillen einiger Nutzer, laut deren Kritik das Projekt Gender- und Feminismus-Themen übernehmen würde. (fo)