Fettwumme 4.0

Fahrbericht Honda Gold Wing 2018

Die Schlagzeilen zur Gold Wing schreibt Honda meistens in Features. Die sind jedoch gar nciht das Beste an der neuen Inkarnation. Dort erfreuen vor allem Fahrbarkeit und ein sonorer Motorklang nicht unähnlich Porsches Sechszylindern

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Von
  • Clemens Gleich
Inhaltsverzeichnis

Honda bringt wieder eine neue Gold Wing. Schlagzeilen machen wie immer die Technikfeatures, weil die als Feature-Begriffe in die Überschriften passen. Nachdem der Airbag zwischenzeitlich aus dem Programm verschwunden war, kehrt er 2018 in die Gold Wing zurück. Da der Fahrer auf Hondas Sechszylinder-Tourer tief sitzt, soll er bei frontalen Auffahrunfällen helfen, der wohl seltensten Unfallform auf dem Motorrad. Wichtiger im Alltag: Honda stattet die Airbag-Variante (und in Deutschland nur die) mit ihrem Doppelkupplungsgetriebe DCT aus, das generell gut zu Tourern passt. An Hondas Touring-Flaggschiff stört das DCT-Mehrgewicht von etwa 10 kg weniger als bei den leichteren Modellen.

Meistens funktioniert das sehr gut. Leider passen gerade die Anpassungen des Systems an die Gold Wing nicht zur Gold Wing. So schaltet das DCT zum Beispiel bei stärkeren Bremsungen auch härter herunter, sodass zum Beispiel Bremsungen an Ampeln sehr ungleichmäßig werden, weil die Motorbremse Peaks produziert. Komisch, dass das in Japan niemandem auffiel. Denn das DCT kann dasselbe so sanft, dass keine solchen Peaks beim Fahrer ankommen. Aber eben nur bei leichten Bremsungen. Wer also wie ich auf das DCT gewartet hat, sollte diese Eigenheit vor dem Kauf unbedingt testen. Zum DCT gehört ein Rangiermodus, der die Fuhre vorwärts und rückwärts in langsamem Schritttempo schiebt. Das funktioniert intuitiv, auch neben dem Motorrad.

Es saugt

Eine weitere Störung des Tourenbetriebs produziert der elektrisch stufenlos höhenverstellbare Windschild. Es gibt schlicht keine Position, in der mein Helm über etwa 110 km/h nicht nach vorne gesaugt würde durch den Unterdruck hinter der Scheibe. Bei Autobahnfahrten bildet sich da bei mir nach einigen hundert Kilometern Betonit in der Nackenmuskulatur. Wer wie ich eine europäisch übliche Körpergröße von 180 cm mitbringt, sollte auf der Autobahn probefahren und wenn möglich auch den höheren Windschild probieren, den Honda im Zubehör anbietet. Der war leider nicht zum Test verfügbar. Ich setze meine Hoffnungen dennoch in ihn, weil das störende Saugen weg war, sobald ich mich so klein machte wie ein japanischer Entwicklungsfahrer.

Eine weitere bekannte Honda-Technik begrüßte mich an der Ampel in Form des Start-Stop-Systems. Der Generator läuft zum Anschleppen auch als Starter, was an der großen Goldwing genauso flüssig funktioniert wie in Hondas kleinen Rollern. Anders als beim Auto mit Automatik startet der Motor nicht beim Loslassen der Fußbremse, sondern beim Gasgeben. Der Startvorgang dauert in etwa so lange wie das Gang einlegen eines geübten Fahrers, also geschätzt eine halbe Sekunde. Passt.