Kiel: Widerstand gegen Fahrverbote

Für eine vielbefahrene Schnellstraße in Kiel wird die Landesregierung aller Wahrscheinlichkeit nach von sich aus kein Fahrverbot für Dieselautos anordnen. Dennoch erhitzt das Thema die Gemüter im Landtag

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Robert Habeck

(Bild: Dominik Butzmann)

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  • dpa

Der Plan von Robert Habeck, in Kiel ein Fahrverbot einzuführen, hat viele Gegner.

(Bild: Dominik Butzmann)

Für eine vielbefahrene Schnellstraße in Kiel wird die Landesregierung aller Wahrscheinlichkeit nach von sich aus kein Fahrverbot für Dieselautos anordnen. Dennoch erhitzt das Thema die Gemüter im Landtag. SPD-Fraktionschef Ralf Stegner warf der Landesregierung Versagen und Zerstrittenheit bei dem Thema vor. Auslöser war ein erstes Arbeitspapier von Umweltminister Robert Habeck (Grüne). Darin wird für den Theodor-Heuss-Ring in einer Fahrtrichtung auch ein Fahrverbot in Betracht gezogen, weil dort Grenzwerte seit Jahren überschritten werden. CDU, FDP, SPD, AfD und SSW sprachen sich strikt gegen ein Fahrverbot aus.

Habeck verwies auf Urteile des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts sowie auf eine Klage der Deutschen Umwelthilfe gegen das Land: Danach müsse mehr getan werden, um die Grenzwerte einzuhalten. Ein Fahrverbot wäre ein extremer Eingriff in den Straßenverkehr, sagte Habeck. Er wäre froh, dies nicht machen zu müssen. Im Blick auf die Belastung mit Stickstoffoxiden sagte Habeck aber auch, eine Umleitung in einer Richtung über zwei Straßen könnte verhältnismäßig sein.

Betroffen wären täglich bis zu 12.000 Diesel, die nicht die Euro-Norm 6 erfüllen. Sie müssten ausweichen, falls die Umwelthilfe ein Fahrverbot erfolgreich einklagen sollte. Das Bundesverwaltungsgericht hat Diesel-Fahrverbote für bessere Luft in Städten für grundsätzlich zulässig erklärt. Habeck betonte auf Angriffe Stegners, in Hamburg sei unter einem SPD-Oberbürgermeister ein Fahrverbot verhängt worden. Ausdrücklich lobte Habeck Bemühungen der Stadt, die Situation zu verbessern.

Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) und Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) lehnen ein Fahrverbot ebenso ab wie auch der Kieler Oberbürgermeister Ulf Kämpfer von der SPD. Kämpfer sieht vor allem auch das Land in der Verantwortung, da es für die Erstellung von Luftreinhalteplänen zuständig ist. CDU und FDP hielten der SPD im Land und in der Stadt Kiel vor, sie seien nicht rechtzeitig wirksam gegen die Luftverschmutzung vorgegangen. Stegner warf Habeck vor, der scheidende Minister wolle mit einer Fahrverbot-Drohung die Menschen erschrecken. Im Landtag wertete er Habecks Vorgehen als merkwürdig und nicht in Ordnung. Die Koalition schiebe den Schwarzen Peter den Betrogenen zu und nicht denen, die betrogen hätten, nämlich die Autoindustrie.

Es müsse das Ziel sein, ohne Fahrverbote auszukommen, sagte der FDP-Fraktionsvorsitzende Christopher Vogt. Er bescheinigte der SPD Empörungstiraden. Es gebe keine sinnvolle Umgehungsstrecke und mache keinen Sinn, den Verkehr auf andere, kleine Straßen zu verlagern. Zur Problemlösung mangele es nicht an Geld, sondern an Konzepten, sagte Vogt im Blick auf die Bundesregierung und die Autohersteller.

Volker Schnurrbusch von der AfD sagte, die ständige Diskussion über Fahrverbote verunsichere die Bürger. Man solle die ausstehenden Gutachten abwarten und dann klug handeln. Ein Fahrverbot würde die Landeshauptstadt faktisch lahmlegen, sagte Schnurrbusch. SSW-Fraktionschef Lars Harms sagte, mit den angewandten Messverfahren würden EU-Kriterien übererfüllt. Die Grünen wollten aus ideologischen Gründen falsche Messwerte für Fahrverbote nutzen, meinte er an die Adresse des einstigen Koalitionspartners. Ein Fahrverbot würde mindestens das Sechsfache an Emissionen verursachen. „Das ist völliger Unsinn.“ Harms forderte neue Messungen anhand der EU-Kriterien. (mfz)