New Old School

Fahrbericht Honda CB 1000 R

Hondas Neuauflage des Naked Bikes CB 1000 R verbindet wie Husqvarnas 701 Vitpilen modernes Design gekonnt mit zeitlosen Zitaten. Die CB schaut jedoch nicht nur interessant aus, sondern fährt auch auf ihre ganz eigene Art.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 8 Kommentare lesen
Honda CB 1000 R 13 Bilder

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Clemens Gleich
Inhaltsverzeichnis

Für mich ist Hondas Neuauflage ihres Bigbikes CB 1000 R die schönste Maschine ihres Segments in 2018. Wo die Vorgängerin in bunten Clownsfarben mit einem merkwürdigen Duckface verschreckte, gefällt die Neuauflage mit einer sicheren Linienführung, die Klassiker zitiert, ohne gestalterisch in der Retrosackgasse zu versumpfen.

Einer klaren Linienführung stets zuträglich: Entrümpelung. Honda ist stolz auf die geringe Anzahl von Plastikblenden im Sichtbereich, wenn ich auch ihre Zählweise nicht nachvollziehen konnte ("nur sechs Plastikteile im Sichtbereich"). Zusammen mit Erleichterungen im Abgastrakt und am Rahmen wiegt das Motorrad jetzt laut Hersteller 8 kg weniger als früher. Jetzt muss das Ding nur noch gescheit fahren.

Yesterday

Als Motorgrundlage griff Honda zum Reihen-Vierzylinder aus der Fireblade von 2005 bis 2007 (SC57). Der drückt auf dem Papier 145 PS ab und in der Praxis immer genug für das Fahrzeuggewicht, sodass du ihn entweder obenheraus auswinden oder schaltfaul rund fahren kannst. Anstatt einer linearen Leistungskurve hat Honda absichtlich eine minimal ungleichmäßige Leistungsentfaltung konstruiert (sagen sie), weil sich ungleichmäßige Leistungsverläufe ärger anfühlen. Damit kann der Motor zwar nominell nicht mit den Brutalo-Konkurrenten BMW S 1000 R, Aprilia Tuono V4 1100 oder KTM 1290 Super Duke mithalten, bringt aber genügend eigene "woah-woah-woah!"-Momente ins Fahrerleben.

Überhaupt unterscheidet sich diese 1000er grundsätzlich von den eben genannten Next-Gen-Powerbikes. Der erste und bleibende Eindruck dieser Maschine war: Mensch, ist das oldschool! Auf der CB 1000 R sitzt du wie auf klassischen Superbikes aus deren Ära: ganz weit hinten über dem Rad, Motor, Tank, ja: das meiste Motorrad vor dir, Arme nach vorne gezogen zum breiten Lenker. Ich erinnere mich an dieses Gefühl. So ähnlich saß ich einmal auf einer schön hergerichteten Honda CB 900 F Bol d'Or.

Stayin' Honda

Vor allem diese Kanonenkugelritt-Ergonomie setzt die CB deutlich von den genannten Powernakeds ab. Wo KTM oder Aprilia voll auf Funktion setzen, die sie mit neuester Technik sicherstellen, wählt Honda den Weg, Modernität mit einem Schuss altmodischer Rauigkeit zu verkaufen. Ebendiese Absicht nahm ich Suzukis GSX-S 1000 nicht so ganz ab. Der CB schon. Dazu passt der leicht nonlineare Drehmomentverlauf genauso wie das Einlenkverhalten, das auf Serienbereifung je nach Schräglage manchmal etwas Nachdruck fordert. Und trotzdem bleibt es halt eine Honda: Das Langweilige dieser Marke ist eben auch das, was dich aus den schlimmsten Situationen zuverlässig nach Hause bringt.

Dem Tacho wurde angekreidet, dass es kein TFT-Bildschirm ist. Dafür kann man ihn bei Sonnenschein halt ablesen. Man kann sich aus den verschiedenen Einstellungen sein optimales Setting personalisieren, muss das aber nicht, weil die Standardeinstellung schon sehr gut passt. Wegen mir könnten sich mehr Hersteller eine Scheibe der BMW R nineT abschneiden und einfach ein einziges Setting anbieten, das optimal funktioniert. Ist mir jederzeit lieber als drei mittelmäßige.

Honda bietet noch eine Plus-Version an, die außer Gestaltungs-Details serienmäßig mit Heizgriffen und einem Schaltautomaten kommt, der sich hoch und runter ohne Kupplung schalten lässt. Fahrerisch bieten beide Varianten dasselbe: eine Neuauflage klassischer Superbike-Tugenden mit aktueller Technik und Gestaltung und damit eine echte Alternative zu Hightech-Powerbikes. (cgl)