Bedarfsgerechtigkeit

Ressourcenbedarf von Batterien

Wenn dem Elektroauto der Durchbruch gelingt, steigt der Ressourcenbedarf für die Batterien unmäßig an. Einzelne Hersteller befürchten, dass die Endpreise darum bald stagnieren. Im schlechtesten Fall treiben wir den Teufel Erdöl durch den Belzebub Metalle aus

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Von
  • Christoph M. Schwarzer
Inhaltsverzeichnis

Von der alten Abhängigkeit in die neue: Die deutsche Autowelt braucht bis zur Gegenwart importierte und rohölbasierte Kraftstoffe. Mit Elektroautos ist die Energiequelle für die Bewegung zwar heimisch und – Stand heute – zu 41 Prozent erneuerbar. Aber der Speicher besteht vorwiegend aus Metallen, die wiederum aus teils fragwürdigen Drittstaaten kommen. Und das in sehr großen Mengen. Beispiel Audi e-tron: Das Batteriesystem wiegt nach Aussage des Herstellers etwa 700 Kilogramm. Wegen des internationalen erwarteten Booms steigt die Nachfrage nach Kobalt und Lithium für den Akku, nach Kupfer und Neodym für den Motor. Falls das Elektroauto den Weg aus der Nische findet und massenhaft produziert wird, bekommt der bekannte Begriff von den Grenzen des Wachstums wieder Bedeutung.

Im Fokus der Diskussion steht zurzeit das Übergangsmetall Kobalt. Kobalt ist ein erstklassiges Kathodenmaterial in der Batteriezelle. Der Preis von etwa 60 Euro pro Kilogramm hat sich in den vergangenen zwei Jahren mehr als verdreifacht. Die Industrie versucht darum, den relativen Anteil pro Zelle zu senken: Lange bestand ein Drittel der Kathode aus Kobalt, inzwischen sind es meistens 20 Prozent und bis 2020 wohl nur noch zehn Prozent. Wegen des zu erwartenden, gigantischen Wachstums bei den E-Autos steigt der absolute Bedarf trotzdem rapide an.

Anbieter bestimmen die Bedingungen

„Die Ausweitung der Fördermenge kommt der Nachfrage nicht hinterher“, erklärt dazu Matthias Wachter, der beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) die Abteilung Sicherheit und Rohstoffe leitet. „Der Markt entwickelt sich immer mehr von einem Nachfrager- zu einem Anbietermarkt.“

Bisher kommen rund 60 Prozent des weltweit geförderten Kobalts aus der so genannten Demokratischen Republik Kongo. Der Anteil könnte bald bei 80 Prozent liegen, was einem quasi-Monopol entspricht. Dass der Volkswagen-Konzern, also der größte Autohersteller überhaupt, es nicht geschafft hat, langfristige Lieferverträge zu schließen, ist ein Zeugnis für das Selbstbewusstsein der Machthaber vor Ort .

Äußerst problematisch sind auch die Arbeitsbedingungen in dem afrikanischen Land. Amnesty International kritisiert unter anderem, dass Kobalt in Tagebauminen durch Kinderarbeit gefördert wird. Ein Umstand, der nirgends ernsthaft bestritten wird und mit Aktionen wie der Responsible Cobalt Initiative (RCI) verbessert werden soll.

Am liebsten möchten die Autoproduzenten auf Kobalt verzichten. So haben sich der Renault-Nissan-Konzern und Hyundai in das Startup „Ionic Materials“ eingekauft. Es forscht an Kobalt-freien Feststoff-Elektrolyt-Zellen. Vor dem Jahr 2025 ist aber nicht mit einem Ersatz zu rechnen.

Matthias Wachter vom BDI glaubt, dass es in der aktuellen Situation „keine Ideallösung“ gebe. Der Verband fordert als eine wichtige Maßnahme die Etablierung einer echten Kreislaufwirtschaft. Vor allem muss die Recyclingquote erhöht werden, wenn in Zukunft signifikante Mengen an Batterien ausgemustert werden. „Für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung in rohstoffreichen Förderländern ist es auch entscheidend, dass die Entwicklungszusammenarbeit stärker mit Rohstoffaspekten verzahnt wird“, so Wachter.

Space Mining und Tiefsee-Abbau

Auf lange Sicht wird längst daran gedacht, ganz neue Fördergebiete zu erschließen: Knollen in der Tiefsee werden bereits testweise an die Oberfläche geholt. Und das Space Mining, also die Ausbeutung etwa eines rohstoffreichen Asteroiden, könnte eine größere Rolle spielen, als das heute vorstellbar ist.