Lkw-Maut: Ministerium erwartet nur wenig Verlagerung auf Landstraßen

Seit Anfang Juli gilt die Lkw-Maut auch auf allen Bundesstraßen in Deutschland. Weichen Lastwagen nun auf Landstraßen aus?

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Maut
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  • dpa
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Nach der Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen erwartet das Bundesverkehrsministerium keine "nennenswerte" Verlagerung des Lastwagenverkehrs auf Landstraßen. Damit werde nicht gerechnet, da die Kostenersparnis bei der Maut die zusätzliche Fahrzeit nicht aufwiege, teilte das Ministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in Berlin mit.

"Da die Maut auf allen Bundesstraßen inklusive der Ortsdurchfahrten erhoben wird, ist zu erwarten, dass Ausweichverkehre noch weiter auf die Autobahnen zurückverlagert werden." Allerdings sei es für belastbare Aussagen zu eventuellen Ausweichverkehren – damit ist das Ausweichen auf Straßen gemeint, die nicht-mautpflichtig sind – noch zu früh.

Die Lkw-Maut gilt seit Anfang Juli gut 13 Jahre nach ihrer Einführung auf den Autobahnen auch auf allen Bundesstraßen in Deutschland. Dies soll noch mehr Geld für Verkehrsinvestitionen einbringen. Bisher mussten Laster ab 7,5 Tonnen schon für rund 2300 Kilometer Bundesstraße zahlen, inzwischen gilt die Mautpflicht auch für das ganze, 39.000 Kilometer lange Bundesstraßen-Netz.

Bereits ab Anfang 2019 gelten erneut veränderte Gebührensätze für die Lkw-Maut, die stärker nach Lärmentwicklung und Gewicht der Fahrzeuge unterscheiden und Elektro-Lkw von der Zahlung befreien.

Das Verkehrsministerium verwies bei Ausweichverkehren auch auf Erfahrungen bei der Einführung der Lkw-Maut auf den Autobahnen. "Mautausweichreaktionen" hätten nur auf vereinzelten, meist gut ausgebauten Streckenabschnitten, festgestellt werden können. "Am Anfang kam es vereinzelt zu weiteren Verkehrsverlagerungen, die sich aber nach wenigen Wochen wieder gelegt haben, weil sich die zusätzliche Fahrzeit nicht rechnete."

Auch bei der Ausweitung der Lkw-Maut auf rund 2300 Kilometer Bundesstraßen habe sich an fast allen Strecken "keine signifikante Veränderung" ergeben. "Vielmehr gab es bei einigen Strecken einen mautbedingten Rückgang, der nahezu komplett auf die Autobahnen zurückverlagert wurde."

In Bayern etwa ergibt sich bei Ausweichverkehren ein unterschiedliches Bild. Im oberbayerischen Rohrdorf zum Beispiel haben sich seit der Ausdehnung der Lkw-Maut die Beschwerden der Anwohner gehäuft. Wie ein Vertreter des Ordnungsamts sagte, sind auffällig mehr Lastwagen unterwegs – durch die Gemeinde führt eine mautfreie Staatsstraße in Richtung Rosenheim. Wie die Gemeinde gegen die Ausweichroute vorgehen oder sie gar schließen könnte, sei derzeit noch nicht zu sagen.

Im Nachbarort Stephanskirchen dagegen sind bisher keine spürbaren Veränderungen im Ortsverkehr bekannt. "Wir würden es aber sehr bedauern", sollten Lastwagenfahrer ausweichen wollen, sagte Bürgermeister Rainer Auer.

Eine prädestinierte Ausweichroute für Lastwagenfahrer in diesem Fall wäre Markt Rettenbach im schwäbischen Unterallgäu: Im Norden führt die Autobahn 96 von München in Richtung Lindau, im Westen liegt die Autobahn 7 von Füssen nach Ulm und im Osten die Bundesstraße 16, die Günzburg mit Füssen verbindet – alles drei mautpflichtige Straßen. Von einem Ausweichverkehr im Gemeindegebiet kann aber keine Rede sein, hieß es aus dem Rathaus. Bürgermeister Alfons Weber waren bisher keine spürbaren Auswirkungen bekannt.

Der Bund und der Mautsystem-Betreiber Toll Collect hatten erst kürzlich einen seit über 14 Jahren geführten Streit über die verspätete Einführung der Lkw-Maut mit einem milliardenschweren Vergleich beendet. Die an den Bundesstraßen neu aufgestellten Mautsäulen fotografieren die vorbeifahrenden Lkw und prüfen, ob korrekt bezahlt wurde. Da diese Säulen von manchen Autofahrern – die womöglich die Hochgeschwindigkeit an diesen Stellen ignorierten – für bislang nicht verzeichnete Blitzersäulen gehalten wurden, soll es bereits zu Auffahrunfällen gekommen sein. (tiw)