Ausstieg vom Ausstieg

Tesla bleibt an der Börse

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Von
  • dpa
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Teslas Chef Elon Musk liebt das Überraschungsmoment. Das gilt für Neuvorstellungen von Autos ebenso wie für Ideen, die er über Twitter verbreitet. Anfang August spielte er öffentlich mit dem Gedanken, Tesla von der Börse zu nehmen, was die Finanzwelt in helle Aufregung versetzte. Nun folgte die Kehrtwende. Doch das Chaos, das er angerichtet hat, könnte ernsthafte rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Der Druck muss enorm gewesen sein: „Die meisten unserer Aktionäre glauben, dass wir als öffentliches Unternehmen besser aufgestellt sind“, teilte Musk im Firmen-Blog mit. Das ist eine radikale Wende. Zuvor hatte er noch getwittert, zwei Drittel der Investoren würden mitziehen. Warum Musk kein Feedback einholte, bevor er im Alleingang mit seinem Plan vorpreschte, bleibt rätselhaft. Tesla verlor nun jedenfalls keine Zeit, die Idee zu begraben. Ein Spezialausschuss zur Prüfung des Börsenrückzugs gab bereits seine Auflösung bekannt.

Verwaltungsrat als Korrektiv?

„Was Musk Freitagnacht geschrieben hat, widerspricht allem, was er zuvor getwittert hatte“, sagte Analyst Gene Munster dem Finanzdienst Bloomberg. Irgendwann werde sich die Aufregung zwar wieder legen, es sei aber keine Situation, die man einfach so vergessen könne. Rechtsprofessor Stephen Diamond von der Santa Clara University glaubt, dass Teslas Verwaltungsrat Musk letztlich zur Räson brachte, um den Schaden zu begrenzen: „Sie mussten die Farce beenden“.

Statt dem Druck der Märkte durch einen Börsenabgang zu entkommen, hat Musk jetzt noch mehr Stress. Denn das rechtliche Nachspiel beginnt gerade erst. Die Börsenaufsicht SEC hat laut US-Medien bereits Vorladungen verschickt, zudem droht eine Klagewelle. Über 15 Kanzleien trommeln Aktionäre zusammen, die sich von Musk getäuscht sehen. Darunter sind bekannte Anwaltsfirmen wie Hagens Berman und Lieff Cabraser, die bereits von anderen Konzernen wie etwa Volkswagen im Abgas-Skandal milliardenschwere Entschädigungen erstritten haben.

„Finanzierung gesichert“

Zum Verhängnis könnten Musk vor allem zwei Wörter werden: „Finanzierung gesichert“. Sie sind Teil des Tweets, mit dem er am 7. August 2018 angekündigt hatte, Tesla zum Kurs von 420 Dollar von der Börse nehmen zu wollen. Die Aktie schoss daraufhin kräftig nach oben, was Spekulanten, die auf einen Kursverfall wetten, massive Verluste einbrockte. Doch es machte sich rasch Skepsis breit. Denn die Privatisierung wäre eine finanzielle Herkulesaufgabe. Tesla wäre bei Musks Kursziel insgesamt mit rund 72 Milliarden Dollar bewertet worden, zudem hat die Firma etwa zehn Milliarden Schulden.

Woher hätte das Geld kommen sollen?

Musk hält zwar weiter an seiner Behauptung fest, dass „mehr als genug“ Finanzmittel vorhanden gewesen wären, um Tesla von der Börse zu nehmen. Wo genau das Geld hätte herkommen sollen, erklärt er aber nicht. Deshalb muss sich Tesla auf eine langwierige SEC-Untersuchung einstellen und ist mit Sammelklagen wegen irreführender Aussagen und Marktmanipulation konfrontiert. All das kommt zur Unzeit. Musk wirkt bereits angeschlagen wie selten zuvor. Jüngst erst schockte er Aktionäre mit einem emotionalen New York Times-Interview, in dem er sich unter Tränen als getriebener Workaholic mit Gesundheitsproblemen und Schlafmittelkonsum outete. Auch der öffentlich ausgetragene Streit um die Rettung eines thailändischen Fußball-Teams legte offen, wie stark Musk unter Druck steht.