Ridepooling: Fahrt zusammen, fahrt weniger
Nach den Taxidiensten sollen nun Angebote, die Fahrten bĂĽndeln, fĂĽr weniger Verkehr auf den StraĂźen sorgen. Doch funktioniert das in der Praxis auch?
Taxifahrerprotest gegen Ridesharing-Dienste in Portland.
(Bild: "P1020446" / Aaron Parecki / cc-by-2.0)
Der Hype um die Ridesharing-Angebote ist merklich abgeflaut. Uber scheint von einer Krise in die nächste zu stolpern und versucht sich mittlerweile auch als Fahrradverleiher – obwohl dieser Markt weltweit längst völlig überlaufen ist. Chinas größter Taxidienst, Didi Chuxing, hat wahrscheinlich in diesem Jahr bereits eine halbe Milliarde Dollar verloren.
Andere Anbieter wie Lyft wiederum kämpfen wie die ganze Branche mit den sehr unterschiedlichen lokalen Gegebenheiten, wo die Fahr-Apps in mancher Großstadt erlaubt, in anderen ohne Beförderungsschein der (oft freien und schlecht bezahlten) Mitarbeiter schlicht gesetzlich verboten sind. Aus reinen Taxidiensten wie MyTaxi wurde unterdessen ein geradezu langweiliges Business, das unter die Fittiche großer Fahrzeugkonzerne geschlüpft ist.
Nachhaltiger zu mehreren Personen
Hoffnungen macht sich die Branche nun in Anpassungen ihres Geschäftsmodells. Statt das ein Fahrzeug nur für eine Person ausrückt, um sie von A nach B zu bringen, sollen Ridepooling-Angebote Preise attraktiver machen und das Geschäft nachhaltiger gestalten. Neu ist die Idee nicht: Uber hatte mit UberPool schon seit Jahren solche Services in petto. Durchgesetzt haben sie sich jedoch nur rudimentär.
In Deutschland feiert das Ridepooling indes fröhliche Urständ. MyTaxi baut auf Basis seines traditionellen Taxirufgeschäfts eine Matching-Technik, bei der verschiedene Personen sich ein Fahrzeug teilen sollen. "myTaxi Match sucht für Euch einen Nutzer, der in die gleiche Richtung will", so das Unternehmen, das einer Digitaltochter der Daimler AG gehört. Sparen können soll man so "bis zu 50 Prozent" pro Fahrt. Der Service war anfangs in Hamburg, später dann in Berlin verfügbar. Allerdings nicht immer und in eingeschränkten Bereichen – so etwa in der Hauptstadt nur innerhalb des S-Bahn-Rings.
Manchmal auch elektrisch
VW will Ridepooling elektrisch gestalten. Die eigens gegründete Tochter MOIA will ab Ende 2018 mit einem eigenen, speziell für den Fahrdienst entwickelten E-Shuttle in Hamburg an den Start gehen. Bislang kurvte das Konzern-Start-up im (offenbar noch nicht kostendeckenden) Vorabbetrieb in Hannover mit einem simplen T6-Transporter durch die Gegend. Auch hier geschieht das Zusammenfassen der Touren mittels App: Nutzer sagen, wo sie sind, wohin sie wollen – und die Server bringen dann Kunden in ein gemeinsames Auto.
In Berlin ist seit längerem MOIA-Konkurrent Allygator unterwegs. Auch dieser will eine Art Mischung aus Taxi und Bus bieten – zu einem Preis zwischen den beiden Fortbewegungsmitteln. In der Hauptstadt wird es demnächst noch etwas enger im Ridepooling-Markt: Der örtliche Nahverkehrsbetreiber BVG hat sich mit der jungen US-Firma Via und der Mercedes-Nutzfahrzeugabteilung zusammengetan, um hier V-Klasse- und Vito-Shuttles auf die Straße zu bringen. Die sollen "hocheffizient in Echtzeit" mit Fahrgästen versorgt werden, auch hier "billiger als zum Taxipreis".
Hilft's unseren Städten?
So hip das Ridepooling auf den ersten Blick erscheint – die Frage ist, ob es die Straßen entlastet, oder den Individualverkehr sogar noch verstärkt. Eine Antwort fehlt hier bislang. Fragt man Mitfahrer, wie es neulich die ARD für eine Dokumentation über den Verkehrskollaps getan hat, hört man erstaunlich häufig, dass der oder die Ridepoolerin vermutlich sonst zum Bus, zur Tram, zur U-Bahn oder zur S-Bahn gegriffen hätte, gäbe es das kostengünstige Direktfahrangebot nicht. Das kann wiederum nicht im Sinne der Verkehrs- und Stadtplaner sein.
Mit ähnlichen Gegenargumenten haben auch Free-Floating-Carsharing-Dienste zu kämpfen, etwa DriveNow oder das (bald damit vereinte) Car2Go. Hier greifen oft Nutzer zum Mietauto, die bislang gar kein eigenes Fahrzeug hatten. Böse Zungen könnten behaupten, hier solle eine neue Zielgruppe für die Automobilindustrie "angefixt" werden.
(bsc)