Post aus Japan: Motorradfahren wie ein Kampfpilot

Head-up-Displays für Biker stehen kurz vor dem Durchbruch – wenigstens wenn es nach einem Displayhersteller aus Nippon geht.

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Post aus Japan: Motorradfahren wie ein Kampfpilot

(Bild: Nuviz)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Martin Kölling

Autofahrer erleben es bereits immer häufiger, dass die Windschutzscheibe ihrer Autos endlich nicht mehr nur als Wind- und Wetterschutz, sondern auch als Projektionsfläche für Fahrdaten und Navigationshinweise dient. Denn immer mehr Hersteller verbauen zunehmend ausgefeiltere Head-up-Displays (HUDs), die Informationen ins Sichtfeld der Fahrer spiegeln. Nun schickt sich der japanische Displayhersteller Japan Display an, auch die Visiere von Motorradhelmen in transparente Monitore zu verwandeln.

Kürzlich stellte der Konzern in Japan mehrere Helm-Prototypen mit Varianten eines HUDs vor. Die mit dem Namen XHD-01 Sparta spiegelt dabei Infos von per Bluetooth oder Wifi verbundenen Smartphone ins Sichtfeld ein. Das Tempo, richtungsweisende Ratschläge oder Anrufer scheinen dann in etwas mehr als einem Meter Entfernung vor dem Auge des Nutzers zu schweben.

Post aus Japan

Japan probiert mit Elektronik seit jeher alles Mögliche aus - und oft auch das Unmögliche. Jeden Donnerstag berichtet unser Autor Martin Kölling an dieser Stelle über die neuesten Trends aus Japan und den Nachbarstaaten.

Japan Display ist zwar keineswegs der erste Hersteller, der ein HUD für Motorräder vorstellt. Schon voriges Jahr brachte das Startup Nuviz ein Gerät auf dem Markt, das sich nachträglich außen an Helmen befestigen lässt. Aber mit Japan Display verspricht nun ein technischer Marktführer in der Displayproduktion mit etablierten Vertriebskanälen zur Transportindustrie der Technik neuen Schwung zu geben. Vorausgesetzt, dass die Idee es denn wie vorgesehen 2019 aus dem Labor auf die Straße schafft.

Die Umsetzung der Japaner unterscheidet sich dabei deutlich von Nuviz' Weg. Anders als beim HUD-Pionier wird die Technik nicht außen am Helm angebracht, sondern innen integriert. Dies hat nicht nur den Vorteil, dass das zusätzliche Gewicht für die LCD, kleine Spiegel, Kabel, Recheneinheit, Sensoren, Empfänger und vor allem die Batterie gleichmäßig verteilt werden. Beim Nuviz kleben sich die Nutzer etwa 240 Gramm außen an den Kieferschutz des Helmes an, die die Nackenmuskeln ausgleichen müssen. Zudem werden die Bilder innen im Helm eingespiegelt, anstatt außerhalb des Visiers.

Andere Unterschiede sind wahrscheinlich eher Geschmackssache. Beim nachrüstbaren HUD wird das Bild unten ins Sichtfeld projiziert, bei der Japan-Display-Variante oben. In beiden Fällen müssen die Nutzer zwar ihren Blick auf das schwebende Bild lenken. Aber immerhin wenden sie dabei anders als beim Blick auf die analogen Anzeigegeräte das Auge nicht von der Straße, was – so der Sinn und Zweck der HUDs – die Sicherheit erhöhen soll.

Die Idee ist Teil der Strategie von Japan Display, sein Geschäft unabhängiger von Smartphoneherstellern wie Apple zu machen. Das Unternehmen sucht daher nach neue Anwendungen jenseits traditioneller Bildschirme. Unter anderem hat Japan Display dieses Jahr ein durchsichtiges Helmvisier für Autorennfahrer getestet. Außerdem will der Displayhersteller im Alltag Spiegel durch Bildschirme ersetzen.

Der HUD-Idee für Motorräder gebe ich persönlich die besten Chancen. Denn Japan Display sitzt quasi an der Quelle. Japan ist eines der globalen Zentren der Motorradwelt. Mit Honda, Suzuki und Kawasaki beheimatet das Land drei der weltgrößten Motorradhersteller. Der Markt ist so wichtig, dass Bosch in Japan ein Kompetenzzentrum für Zweiräder eröffnet hat. Dort wurde zum Beispiel ein ABS entwickelt, das es Motorradfahrern erlaubt, auch in Kurven zu bremsen. Japan Display könnte nun einen weiteren Beitrag dazu leisten, dass das Inselreich der Innovationsmotor für Motorräder bleibt.

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