Autonome Autos und 5G: Kampf um den Standard

Mit welcher Technologie werden Fahrzeuge in Zukunft miteinander kommunizieren? Ein Großteil der Branche setzt auf ein neues Verfahren, Toyota und GM aber wollen bei bewährterer Technik bleiben.

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Standard-Kampf bei vernetzten Autos

(Bild: Panasonic)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Elizabeth Woyke
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Wie viel sicherer, störungsfreier und effizienter könnte Autofahren sein, wenn die Fahrzeuge mit Ampeln kommunizieren, auf kreuzende Fußgänger hingewiesen werden oder Daten miteinander austauschen könnten, während sie mit 140 Stundenkilometern über die Autobahn fahren? Mit einer Funktechnik namens C-V2X können sich Autos gegenseitig vor Hindernissen warnen, die Kameras und Radar möglicherweise entgehen. Dies schafft eine Verbindung mit dem Umfeld, die letztlich dabei helfen könnte, dass autonome Autos Realität werden.

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Im Jahr 2016 hat eine Reihe von Technologie-Unternehmen (darunter Ericsson, Huawei, Nokia und Qualcomm) mit der Entwicklung von C-V2X begonnen. Jetzt werden die ersten kleinen Demonstrationen gezeigt. In den meisten Fällen sind dabei von Menschen gefahrene Autos und Lastwagen mit speziellen Chips und Modems für „cellular vehicle-to-everything“ ausgestattet. Zehnmal pro Sekunde senden und erhalten die Fahrzeuge Funksignale und zeigen bestimmte Informationen auf der Windschutzscheibe oder im Armaturenbrett an – zum Beispiel Warnungen zu nahenden Fußgängern, Stürmen oder Unfällen.

Die jüngste Demonstration von C-V2X fand Mitte August im US-Bundesstaat Colorado statt. Darin waren die Fahrzeuge auch mit Ampeln vernetzt, sodass die Fahrer genau wussten, wann sich deren Signal ändern würde. Später könnte sich die Technologie auch Informationen mit Brücken, Maut-Stellen, Baustellen-Schildern und anderer Straßen-Infrastruktur austauschen.

Anhänger von C-V2X sagen, die Daten würden Fahrern dabei helfen, Fehler zu vermeiden. Außerdem sollen sie zur Verringerung von Staus beitragen und so Treibhausgas-Emissionen reduzieren. Am stärksten setzen sich Technologie-Unternehmen dafür ein, die von der Einführung von C-V2X und den anschließenden Verkäufen von Chips, anderer Hardware und Software profitieren würden. Aber auch einige Autohersteller sind begeistert und scheinen C-V2X den Vorzug gegenüber etablierten Technologien zu geben.

Zum Beispiel Ford. Zwar hat sich der Autohersteller noch nicht auf C-V2X in seinen kommenden Autos festgelegt, doch er hat in diesem Jahr Fahrzeuge für drei Vorführungen zur Verfügung gestellt. Laut Jovan Zagajac, Leiter für Projekte im Bereich vernetzte Fahrzeuge, wird die Technologie für mehr Sicherheit auf den Straßen sorgen und zur Verkehrssteuerung beitragen. Auch mit dem Beitritt zur 5G Automotive Association (5GAA) hat Ford seine Unterstützung signalisiert.

Weitere Mitglieder des Konsortiums sind Audi, BMW, Honda, Hyundai, Nissan und Volvo. Nicht auf der Liste steht allerdings der zweitgrößte Autohersteller der Welt: Zusammen mit GM setzt Toyota lieber auf eine konkurrierende (und technisch inkompatible) Technologie auf WLAN-Basis namens DSRC (für „dedicated short-range communications“). Mit der Entwicklung wurde schon Anfang der 2000er Jahre begonnen, und Toyota verteidigt DSRC als „bewährte Technologie“, die seit einiger Zeit „die Phase von Tests und Konzepten hinter sich hat“. Toyota und GM bieten DSCR in einigen Autos bereits an und wollen es in den kommenden Jahren breiter einführen.

Die Haltung von Toyota ist wichtig, weil die Trump-Regierung in den USA angekündigt hat, dass sie die Entscheidung über die richtige Vernetzungstechnologie der Autoindustrie überlassen will, statt einen Standard vorzugeben. „Die Autohersteller müssen sich entscheiden, und das wird über die genutzte Technologie bestimmen“, sagt Chris Armstrong, Leiter für Projekte im Bereich intelligente Mobilität bei Panasonic, das Software für die Analyse von Daten aus vernetzten Autos liefert.

Müssen sich Verbraucher dafür interessieren, welcher Standard sich durchsetzt? Freunde von C-V2X sagen, die Technologie beherrsche alles, was DSRC beherrsche, und zusätzlich noch etwas mehr. Dies liege unter anderem daran, dass die Technologie von den ständigen Verbesserungen profitieren könne, die Mobilfunk-Netzbetreiber an ihren Netzen vornehmen (bei C-V2X erfolgt die Kommunikation zwischen einander nahen Autos automatisch und ohne Mobilfunk, doch sie können vorhandene Netze nutzen, um mit weiter entfernten Fahrzeugen zu kommunizieren).

Im Verlauf dieses Jahres könnten die Unterschiede zwischen DSRC und C-V2X noch ausgeprägter werden, weil mit dem Aufbau von Mobilfunk-Netzen der nächsten Generation (5G) begonnen wird. 5G nutzt andere Frequenzbänder, in denen deutlich mehr Bandbreite zur Verfügung steht als in aktuellen Netzen. Damit müssten Autos – theoretisch – in der Lage sein, riesige Mengen von Daten weitaus schneller auszutauschen, als es heute möglich ist. Das wiederum wäre hilfreich für autonomes Fahren. Denn mit C-V2X ausgestattete Fahrzeuge könnten anderen schnell genug ihre nächsten Manöver signalisieren, damit diese reagieren können, sagt Nakul Duggal, Vice-President für Produktmanagement bei Qualcomm.

„Mit dem Übergang zu 5G werden Sie wissen, ob ein Fahrzeug weit vor Ihnen vorhat, die Spur zu wechseln, oder zu bremsen beginnt, auch wenn Sie es noch nicht sehen können“, sagt Duggal. „Es könnte sogar spezielle Spuren geben, auf denen autonome Autos sehr schnell fahren dürfen, weil sie in hoher Geschwindigkeit Informationen über den restlichen Verkehr teilen können.“

Manche Organisationen sind so begeistert über die Vorstellung von vernetzten Autos allgemein, dass sie schon jetzt Technik verbauen, die beide Standards unterstützt. So ist es zum Beispiel in Colorado. Der Bundesstaat hat damit begonnen, Straßen mit Funk-Routern auszustatten, die mit DSRC kompatibel sind; später in diesem Jahr soll C-V2X hinzukommen. Außerdem will das Verkehrsministerium bis Ende des Jahres 2500 seiner Fahrzeuge mit C-V2X und DSCR aufrüsten. „Wir wollen Menschenleben retten und glauben sehr, sehr fest, dass Infrastruktur für vernetzte Fahrzeuge dabei helfen kann“, sagt Amy Ford, Leiterin für moderne Mobilität im Ministerium. „Weil wir nicht sicher sind, wie sich diese Technologie entwickeln wird, sorgen wir einfach dafür, dass wir ein Umfeld schaffen, das flexibel genug für beide Varianten ist.“

(sma)