"Flüchtige" Twitternutzung von Behörden – FragDenStaat verklagt Innenministerium

Die Open Knowledge Foundation Deutschland verklagt das BMI auf Herausgabe von Twitter-Direktnachrichten. Diese seien Teil der Behördenkommunikation.

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Twitternutzung von Behörden - FragDenStaat verklagt Innenministerium

Minister Seehofer wünscht sich "auch kritische Fragen" per Twitter. Herausgeben will das Ministerium private Twitter-Nachrichten jedoch nicht.

(Bild: BMI / Twitter.com)

Lesezeit: 3 Min.
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Das Blog-Projekt "FragDenStaat" des Vereins Open Knowledge Foundation Deutschland will erreichen, dass das Bundesinnenministerium private Twitter-Direktnachrichten nach dem Informationsfreiheitsgesetz offenlegt. Nachdem seine bisherigen Anfragen abgewiesen wurden, hat der Verein nun Klage beim Verwaltungsgericht Berlin eingereicht.

Im Mai 2018 verlangte der Verein zunächst schriftlich die Übermittlung aller empfangenen und gesendeten Direktnachrichten (Direct Messages, DMs) des Twitter-Kontos des Bundesinnenministeriums (BMI) und berief sich dabei auf das Informationsfreiheitsgesetz (IFG), das Umweltinformationsgesetz und das Verbraucherinformationsgesetz.

Das lehnte das Ministerium jedoch ab. Im Antwortbescheid heißt es zur Begründung, über das seit 2016 bestehende Twitter-Konto des BMI würden nur "flüchtige" und "tagesaktuelle Informationen" ausgetauscht, weshalb sie nicht "aktenrelevant" seien und sich daraus kein "Verwaltungshandeln" ergeben habe. Daher fielen diese Informationen nicht unter die Zuständigkeit des IFG und würden nicht herausgegeben.

Das sah FragDenStaat allerdings anders und legte im Juni Widerspruch gegen den Bescheid ein, wie der Verein in einem Blogpost mitteilt. Unter anderem verweist man auf die (ebenfalls per IFG-Anfrage publik gemachte) Hausanordnung des BMI zur "Nutzung von sozialen Medien". Zur dienstlichen Nutzung sozialer Medien gehört demnach ausdrücklich auch Twitter und damit seien Twitter-DMs Aufzeichnungen, die amtlichen Zwecken dienen – unabhängig davon, ob sie ihrem Inhalt nach zu einem Vorgang gehören und deshalb hätten "veraktet" werden müssen. Zusätzlich sieht der Verein Hinweise darauf, dass das Ministerium einen Verwaltungsprozess wie etwa einen Bürgertermin zu einem bestimmten Thema per Twitter-DM organisiert.

Auf den Widerspruch antwortete das BMI ausführlicher und verweist darauf, dass Twitter-Kommunikation generell nur eine "rechtlich irrelevante Korrespondenz mit der Social-Media-Redaktion des Ministeriums" darstelle. Das BMI vergleicht Twitter-DMs mit privaten SMS, die ebenfalls nicht rechtsverbindlich seien und als solche daher "nicht der gleichen Sorgfalt" unterlägen wie schriftliche Kommunikation in den Akten. Außerdem könne man private Kommunikation nicht ohne Zustimmung der Betroffenen weitergeben.

In der daraufhin eingereichten Klage des Vereins gegen das BMI argumentieren die Anwälte, dass jede amtliche Nachricht relevant für das Handeln einer Behörde sei, unabhängig von der Art ihrer Speicherung. Das Benutzen von Social-Media-Kanälen sei Teil der Öffentlichkeitsarbeit des BMI und als solches eine Amtshandlung, die relevante Inhalte enthalten könne und somit unter ein Auskunftsersuchen laut IFG fiele.

Die Klageschrift weist auch die Auffassung zurück, soziale Medien seien lediglich eine "informelle" und "rechtlich unverbindliche Kommunikation", denn eine solche Form könne eine staatliche Behörde gar nicht für sich definieren. Gegen die Auffassung der "Flüchtigkeit" von Twitter-Kommunikation wenden die Anwälte ein, dass eine DM nach dem Versenden nicht mehr verändert werden könne. Sie besitze gerade nicht den Status einer persönlichen Notiz für eine später zu treffende, endgültige Aussage, sondern sei bereits eine auf den Inhalt abschließend festgelegte Äußerung eines Ministeriumsmitarbeiters.

FragDenStaat geht es mit der Klage nicht allein um den Inhalt bestimmter Direktnachrichten des Ministeriums. Vielmehr wolle man feststellen lassen, ob auch Twitter-DMs Teil der Kommunikation staatlicher Einrichtungen seien und damit unter das IFG fielen. Schließlich nutzten öffentliche Stellen immer häufiger private Plattformen wie Twitter, Instagram oder Facebook. Scheiterten Auskunftsersuchen gemäß IFG zu solcher Art Korrespondenz, würden Verwaltungen damit womöglich ihre Transparenzpflicht umgehen können. (tiw)