Vergewaltigungsvorwurf: Waffendrucker Cody Wilson verlässt Defense Distributed

Cody Wilson hat seine Firma Defense Distributed verlassen, eine ehemalige Dichterin folgt ihm nach. Hintergrund ist ein Vergewaltigungsvorwurf gegen Wilson.

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Nach Vergewaltigungsvorwurf: Waffendrucker Cody Wilson verlässt Defense Distributed

Cody Wilson

(Bild: Ghost Gunner)

Lesezeit: 3 Min.
Waffen aus dem Hobbykeller

Die boomende internationale Maker-Bewegung besteht nicht nur aus Bastlern, Künstlern und Weltverbesserern – auch krypto-anarchistische Gruppen zählen sich dazu. Diese wollen staatliche Machtmonopole abschaffen, unter anderem auf dem Weg über technische Mittel wie billige 3D-Drucker und CNC-Fräsen. So verbreitet etwa die US-Gruppe "Defense Distributed" in Namen dieser Ideologie Werkzeuge, Open-Source-Druckvorlagen und Bauanleitungen für Eigenbau-Schusswaffen ohne staatliche Kontrolle. In Deutschland ist die Herstellung jedes einzelnen wesentlichen Teils einer Waffe verboten, sofern man nicht über eine "Waffenherstellungserlaubnis" verfügt. Die besitzen beispielweise professionelle Büchsenmacher. Bei Make und heise online berichten wir bereits seit längerem über die Waffenherstellung, weil wir davon überzeugt sind, dass sich Politik und Gesellschaft mit solchen neuen Gefahren auseinandersetzen muss. Wir rufen in keiner Weise zum Eigenbau von Schusswaffen auf und liefern auch keine Bauanleitungen dazu.

Cody Wilson hat Konsequenzen aus den Vorgängen rund um einen Vergewaltigungsvorwurf gezogen und ist als Chef von Defense Distributed zurückgetreten. Er spiele gegenwärtig keine Rolle mehr in dem Unternehmen, das 3D-Druckdateien für Schusswaffen verbreitet, erklärte seine Nachfolgerin Paloma Heindorff im texanischen Austin.

Die Britin hatte sich nach eigener Aussage in ihrer Heimat als Dichterin betätigt, bevor sie nach New York und schließlich Texas gezogen war, um bei Wilsons Projekt mitzuarbeiten. Sie glaube fest an das Vorhaben, das sie als eines der effektivsten und elegantesten Formen von Aktivismus bezeichnete und an dessen Aufführung sie teilhaben wolle.

Erst vergangene Woche war bekannt geworden, dass nach Wilson wegen einer vorgeworfenen Vergewaltigung einer Minderjährigen gefahndet wird. Er und die 16-Jährige haben sich demnach über das Internet kennengelernt, bevor es zu dem strafbaren Geschlechtsverkehr gekommen sein soll. Wilson hat dem Mädchen demnach 500 US-Dollar bezahlt. Weil sie noch keine 17 Jahre alt ist, gilt das in dem US-Bundesstaat als Vergewaltigung. Als er zur Fahndung ausgeschrieben wurde, befand sich Wilson in Taiwan und trat danach einen geplanten Rückflug nicht an. Er wurde aber festgenommen und rasch ausgeliefert. Nach Zahlung einer Kaution konnte er das Gefängnis erst einmal verlassen.

Weltweit bekannt geworden war Wilson, als seine Gruppe Defense Distributed 2013 die weltweit ersten Dateien für den 3D-Druck einer kompletten Waffe online gestellt hatte. Damit ist es möglich, eine scharfe Pistole mit einem handelsüblichen 3D-Drucker nahezu komplett aus Kunststoff herzustellen. Die Waffe ist daher auch kaum durch Metalldetektoren aufzuspüren. Kurze Zeit danach war der Bauplan auf Bitten der Behörden hin wieder aus dem Netz genommen worden. In der Folge lieferte sich Wilson einen Rechtsstreit mit US-Regierung über den Umgang mit derartigen Dateien.

Vor wenigen Wochen hatte die nun von Donald Trump geführte US-Regierung ihren Widerstand überraschen aufgegeben. Wilson wollte dann eine Plattform online stellen, auf der jeder Baupläne für praktisch alle Schusswaffen hochladen kann. Er beruft sich auf das verfassungsmäßig verbriefte Recht auf Redefreiheit und sieht sich in der Tradition der Auseinandersetzung um die Verschlüsselungstechnik PGP. Juristische Gegenwehr liefern seitdem mehrere US-Bundesstaaten, Unterstützung gibt es von Internetaktivisten. Weil sich der Rechtsstreit nur auf deren freie Verbreitung bezieht, verkauft Defense Distributed derweil die Baupläne.

Während der nun anberaumten Pressekonferenz wollte sich Heindorff nicht zum Fall Wilson äußern. Sie ersetzt ihren Vorgänger nicht nur bei Defense Distributed sondern auch bei Ghost Gunner. Zwar sei der Gründer eine unglaublich einflussreiche Person, aber hier gehe es um eine Idee.

Die Mitarbeiter hätten weiterhin Vertrauen in das Unternehmen und niemand habe die Arbeit eingestellt. Auf den Rechtsstreit zwischen Defense Distributed und den US-Bundesstaaten dürfte Wilsons Abgang keinen Einfluss haben, zeigten sich zwei Anwälte überzeugt. Für Wilsons eigenen Rechtsstreit werde das Unternehmen kein Geld zur Verfügung stellen. (mho)