Expertin: Falschinformationen in sozialen Medien schüren Impf-Angst

Soziale Netze wie Facebook müssen die Verbreitung medizinischer Falschinformationen unterbinden, fordert die Anthropologin Heidi Larson.

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Expertin: Soziale Medien dürfen Gesundheit nicht gefährden

(Bild: dfuhlert)

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Die Anthropologin Heidi Larson erforscht mit dem Vaccine Confidence Project wie sich das Vertrauen in Impfungen weltweit entwickelt. Jetzt schlägt sie Alarm: In einem Kommentar für das Wissenschaftsmagazin Nature erklärte Larson Mitte Oktober, die nächste große Epidemie werde ausbrechen, nicht weil die Medizin zu schlecht vorbereitet sei, sondern weil Falschinformationen in sozialen Medien das Vertrauen in Impfungen in gefährlichem Maß herabgesetzt hätten.

Im Interview mit Technology Review präzisiert Larson ihre Einschätzungen. "Wir haben dieses Jahr über 47.000 Fälle von Masern in Europa. Das ist mehr als doppelt so viel, wie in ganz Afrika registriert wurden", sagte Larson. "Wir sprechen hier also nicht über mangelhafte Bildung oder das Fehlen von Impfstoffen, sondern von einer Angst vor Impfungen." Das Ausmaß dieser Angst werde in erheblichem Ausmaß "befeuert durch die Gruppenbildung von Gleichgesinnten und die Polarisierung" in sozialen Medien.

TR 12/2018

Technology Review Dezember 2018

Dieser Beitrag stammt aus Ausgabe 12/2018 der Technology Review. Das Heft ist ab 08.11.2018 im Handel sowie direkt im heise shop erhältlich. Highlights aus dem Heft:

"Ich denke, dass die großen sozialen Netzwerke nicht nur darauf achten sollten, politisch extreme, illegale oder verletzende Postings zu blockieren", fordert Larson daher. "Sie sollten auch Teams bilden, die sich um schädliche und falsche Gesundheitsinformationen kümmern: Wenn zum Beispiel jemand verbreitet, Dutzende von Mädchen seien an HPV-Impfungen gestorben, dann ist das eindeutig falsch. Es gibt keinen einzigen bestätigten Todesfall in diesem Zusammenhang."

Es gehe ihr nicht darum, individuelle Meinungen zu unterdrücken, betonte Larson. "Viele junge Eltern stellen einfach nur Fragen, oft auch kritische, und ich denke, das ist verantwortungsbewusst. Aber es gibt da draußen gefährliche Falschinformationen, die schweren gesundheitlichen Schaden anrichten können. Die Angelegenheit geht über die Möglichkeiten von Gesundheitsministerien hinaus. Es wird daher Zeit, neue Parteien an den Tisch zu holen."

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