Napster mit Alanis Morissette gegen die Plattenlabels

Vor einem Ausschuss des US-Senats brachten am gestrigen Dienstag Napster und die Plattenlabels ihre Standpunkte zu Gehör.

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Am gestrigen Dienstag wurde ein weiteres Kapitel im Rechtsstreit der großen Musiklabels mit Napster aufgeschlagen. Vor einem US-Senatsausschuss argumentierten beide Parteien, jeweils unterstützt von bekannten Künstlern, für ihren jeweiligen Standpunkt. Während Altrocker Ted Nugent und Vertreter der Musikindustrie vor dem Ausschuss die Meinung vertraten, die Künstler würden durch Online-Tauschbörsen um ihre Tantiemen gebracht, unterstützte Alanis Morissette Napsters Position.

In ihrer Aussage meinte Morissette: "Meine anfängliche Ablehnung gegenüber den neuen Online-Diensten war begründet in der Ansicht, die ich im Zuge der Debatte um Musik-Piraterie gewonnen hatte. In der Zwischenzeit ist mir jedoch klar geworden, dass diese so genannte 'Piraterie' sogar zu Gunsten der Mehrzahl der Künstler arbeiten könnte." Damit bezog sie sich auf die vielen Künstler ohne Plattenvertrag, die Napster & Co. als Chance sehen, um ihre Musik über das Internet zu verbreiten.

Ein Problem für den Online-Vertrieb besteht in der Notwendigkeit der Einholung einzelner Lizenzen. Die beteiligten Plattenfirmen besitzen in der Regel nur die Rechte an den Aufnahmen der von ihnen vertriebenen CDs, nicht aber an den Kompositionen selbst. Diese müssen sie erst von den jeweiligen Musikverlagen erwerben. Durch Coverversionen, Samples und verschiedene Verträge einzelner Bandmitgleider sind oftmals zahlreiche Verlage in die Produktion eines einzigen Albums involviert. Vor einer Pauschalvergütung wie beim Radio wollen die Labels bislang allerdings nichts wissen.

Napster-Chef Hank Barry sprach sich dagegen in der Anhörung für die Gleichbehandlung von Internet-Musikangeboten und Radio- oder TV-Stationen aus und forderte in diesem Zusammenhang eine Erweiterung der derzeitigen Lizenzierungsmodelle für den Online-Bereich – notfalls per Senatsbeschluss. Diese "obligatorische Lizenz" würde die öffentliche Aufführung (in diesem Falle das Streaming) erlauben und in Form einer GEMA-Gebühr Tantiemen an Plattenlabels und Künstler entrichten.

Die Musikindustrie versucht diese Änderungen im Urheberrecht zu verhindern, und, vermutlich um Zeit zu gewinnen, eigene Musik-Portale aus dem Boden zu stampfen. Die Neugründungen Duet (Universal Music und Sony) oder MusicNet (Time/Warner, EMI, Bertelsmann) scheinen dies zu belegen.

Die anwesenden Musiker forderten mehr Einfluss auf die Gestaltung der Online-Distributionswege. Die großen Plattenfirmen hätten in der Vergangenheit gezeigt, dass sie nicht die Interessen der Musiker verfolgten. Um fair bezahlt zu werden, forderten Don Henley und Alanis Morissette für Musiker einen "Platz am Verhandlungstisch".

Orrin Hatch, der Vorsitzende des Senatsausschusses, möchte die Angelegenheit allerdings vorerst ohne ein Machtwort des Senats weiterverfolgen. Seiner Ansicht nach benötige man noch wesentlich mehr Anhörungen, um wirklich alle Meinungen zu berücksichtigen. Hatch deutete gegen Ende des vier Stunden langen Mammut-Events aber auch an, dass man vielleicht doch über Gesetzesänderungen in den Markt eingreifen könne. Wie diese aussehen könnten, ließ er jedoch offen.

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