Breitband: Bundesregierung sieht keinen Engpass beim Tiefbau

Die Wirtschaft hält auch die neuen staatlichen Breitbandziele durch mangelnde Baukapazitäten für gefährdet. Die Regierung wiegelt ab.

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Breitband: Bundesregierung sieht keinen Engpass beim Tiefbau

Bei Microtrenching verlegen frösen solche Maschinen nur kleine Gräben für die Kabel in die Straße.

(Bild: heise online)

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Die Bundesregierung sieht keinen Engpass bei Tiefbaukapazitäten für den Breitbandausbau. Dabei findet keine Debatte über den Breitbandausbau ohne die Klagen der Netzbetreiber statt, dass die Baubranche den Bedarf beim Verlegen von Glasfaserleitungen gar nicht decken könne. Doch kann die Bundesregierung das Problem nicht nachvollziehen. Sie geht davon aus, dass in der Branche eine "nachfragegerechte Erhöhung der Baukapazitäten" erfolgen werde, heißt es in einer heise online vorliegenden Antwort auf eine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion.

Man habe Mitte Juni "zur Auslastung der deutschen Bauindustrie" gerade im Hinblick auf die gewünschte Glasfaserversorgung ein ”Spitzengespräch mit Unternehmens- und Verbandsvertretern" der deutschen Bauindustrie und der Telekommunikationswirtschaft durchgeführt, erklärt das federführende Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI). Daraus hätten sich "keine generellen Rückschlüsse auf mögliche Engpässe" ergeben. Auch Erkenntnisse über "Preissteigerungen im Tiefbauchbereich" lägen nicht vor.

Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) zeigt sich jedoch zunehmend besorgt, da es aktuell einen Boom auch im Wohnungs- und Straßenbau gebe. Maschinenführer, Bauleiter, Planungsbüros – die Branche ringe um Fachkräfte. Zuvor hatten etwa die Stadtwerke München das "Luxusproblem" moniert, dass sich kaum noch Tiefbaufirmen für die Kabelverlegung finden ließen.

Oliver Luksic, Experte für digitale Infrastruktur der FDP-Fraktion, wirft der Regierung daher Blauäugigkeit vor. "Die fehlenden Kapazitäten und steigenden Kosten im Tiefbausektor verlangsamen den Breitbandausbau zusehend, abgesehen von falschen politischen Weichenstellungen", erklärt der Liberale gegenüber heise online. Die Erwartungen des Bunds seien völlig unrealistisch und so dürfte es mit dem schwarz-roten Zeitplan wieder nichts werden.

Die Vorgabe der alten Bundesregierung, bis Ende des Jahres hierzulande flächendeckend Internetleitungen mit 50 MBit/s zu schaffen, lässt sich nicht mehr erfüllen: "Mit Stand von Mitte 2018 haben 82,9 Prozent der Haushalte in Deutschland Zugang zu einem solchen Anschluss", schreibt das BMVI. Neuere Zahlen gebe es nicht.

Zumindest die Erfahrungen "mit der Vereinfachung der Förderbedingungen" im neuen Breitbandprogramm beschreibt die Regierung als "positiv". Bescheide würden nun fortlaufend erteilt konnte, die Bewilligungsdauer habe sich verringert. Zusagen könnten so "in weniger als einem Monat in vorläufiger Höhe erstellt werden". Auch die Arbeit der Kommunen sei durch das veränderte Antragsverfahren deutlich erleichtert worden.

In der vergangenen Legislaturperiode hatte der Bund 3,5 Milliarden Euro für den Breitbandausbau freigegeben. Im Haushaltsplan für 2019 sind 643 Millionen zusätzlich vorgesehen, um etwa das vorgesehene "Upgrade" von Kupfer auf Glasfaser zu stemmen.

Gesetzliche Maßnahmen, um alternative Verlegemethoden wie Micro-Trenching bundesweit zu vereinheitlichen, plant die Regierung nicht. Auch hier sieht die Industrie Nachbesserungsbedarf, um die Verfahren zu vereinheitlichen und bekannter zu machen. Die FDP im Bundestag setzt sich in einem aktuellen Beschluss zur "digitalen Infrastruktur des 21. Jahrhunderts dagegen dafür ein, den schnelleren Ausbau der Glasfaserinfrastruktur in der Fläche auch über solche "innovative Verlegetechniken" zu ermöglichen. Ziel müsse sein, "dass Glasfaser bis zur Haustür Standard wird".

Zudem plädieren die Liberalen für ein "Gigabit-Gutschein-System" für den Mittelstand, um "zur Teilfinanzierung des Glasfaseranschlusses" beizutragen. Um im Mobilfunk trotz geforderter "erhöhter Flächenversorgungsauflagen" nach 2025 noch bestehende weiße oder graue Flecken zu schließen, bringt die FDP ebenfalls ein Gutscheinsystem ins Spiel. Die betroffenen Kommunen sollen demnach den Ausbau von Funkmasten selbst ausschreiben können. Finde sich kein geeignetes Angebot, dürften die Gemeinden die Sendeanlagen mithilfe des Vorfinanzierungsansatzes selbst aufstellen und den Zugang dazu anschließend vermieten. (vbr)