Gesundheitsministerium will Internet-Apotheken genehmigen

Das Bundesgesundheitsministerium will den Weg für Internet-Apotheken in Deutschland ebnen, Apothekerverbände wehren sich aber entschieden.

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Von
  • Wolfgang Stieler

Das Bundesgesundheitsministerium will nach einem Zeitungsbericht den Weg für Internet-Apotheken in Deutschland ebnen. Dafür solle im Ministerium in Kürze eine Expertengruppe ins Leben gerufen werden, schreibt die Tageszeitung Financial Times Deutschland (FTD) in ihrer heutigen Ausgabe. Bisher ist der Internet-Handel mit apothekenpflichtigen Medikamenten in Deutschland untersagt; bereits die vorherige Bundesgesundheitsministerin Fischer hatte aber signalisiert, dass die entsprechenden Gesetze geändert werden müssten. Im Dezember hatte das Gesundheitsministerium alle beteiligten Gruppen zu einem ersten Expertengespräch geladen; weitere Gesprächsrunden sollen noch in diesem Jahr folgen.

Der zuständige Referatsleiter Gert Schorn sagte jetzt gegenüber der FTD: "Wir gehen davon aus, dass wir gegen den E-Commerce in den Niederlanden oder den USA nichts tun können, und wir wissen, dass es bei immobilen, etwa bettlägerigen Patienten ein ernstes Bedürfnis gibt, Medikamente über das Internet zu bestellen." Bei den Plänen steht nach seinen Worten jedoch der Patientenschutz an oberster Stelle. Auch die solide Versorgung mit Arzneimitteln soll nach den Berliner Plänen nicht angerührt werden – die Reform soll in Übereinstimmung mit EU-Recht wie der E-Commerce- und der Fernabsatz-Richtlinie geschehen. Denkbar sei etwa, dass es EU-weit einheitliche Anforderungen an die Websites der Apotheken gebe, berichtet die FTD. Auch Preise und Rabatte sollen "auf den Prüfstand" kommen; bislang regelt eine Verordnung, dass Apotheken in Deutschland ihren Kunden einheitliche Preise machen müssen.

Auch die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände (AgV) spricht sich mittlerweile für den Versandhandel mit Medikamenten aus. Allerdings müssten für Versandapotheken bestimmte Qualitätskriterien gelten. Mit dem Pillen-Kauf im Internet könnten die Verbraucher aber die Vorteile des EU-Binnenmarkts nutzen. Viele Medikamente würden im Internet bis zu 60 Prozent preisgünstiger angeboten.

Dagegen lehnt die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) den Internet-Versandhandel mit Arzneimitteln weiterhin ab. Der deutsche Gesetzgeber habe "erst 1998 ein Versandhandelsverbot bei Arzneimitteln beschlossen, das vollumfänglich mit der EU-Gesetzgebung im Einklang steht", heißt es in einer Mitteilung des Verbandes. "Dieses Verbot existiert, wenn auch mit kleinen Variationen, in 12 von 15 EU-Staaten". Das Internet sei "in keiner Weise geeignet, diese Verbraucherschutzgesetze überflüssig zu machen".

Auch die "vermeintliche Preiswürdigkeit" des Internet-Versandhandels sei "ein Trugschluss", da Internet-Händler nahezu ausschließlich hochpreisige Produkte kostengünstiger anbieten würden: "Wären Internet-Händler wie öffentliche Apotheken verpflichtet zur flächendeckenden Lieferung aller Arzneimittel im Markt sowie zu den gesetzlich vorgeschriebenen Dienstleistungen der Apotheken, so wären sie nicht konkurrenzfähig." Seit einigen Monaten klagt die ABDA gegen die niederländische Internet-Apotheke DocMorris, die auch Medikamente nach Deutschland ausliefert. Das Frankfurter Landgericht hatte DocMorris per einstweiliger Verfügung untersagt, weiter Medikamente nach Deutschland zu liefern. DocMorris hatte daraufhin erklärt, man werde die Verfügung respektieren. Besteller mit deutschem Wohnsitz müssten die Arzneimittel nun persönlich abholen oder von einem Kurier abholen lassen. Zusätzliche Kosten entstünden dem Kunden durch die Beauftragung eines Kuriers allerdings nicht – den Boten zahlt DocMorris. Der Prozess geht am 19. April in die nächste Runde. Anders als in Frankfurt entschieden die Landgerichte in Berlin und Stuttgart wiederum vor einigen Wochen, dass DocMorris weitermachen darf. (wst)