Giraffen, Plakate, Lambo-Rambo

Kalendertürchen: Patrick Mimran, der Beau mit den Sportwagen

Lamborghini ging durch die Hölle und einmal durch die Hände eines Künstlers. Patrick Mimran war 24 Jahre alt, als er für drei Millionen Dollar Lamborghini kaufte. Nicht zwei oder drei Autos, nein. Die ganze Marke.

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Lamborghini 3 Bilder
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Bernd Kirchhahn

Die Giraffe könnte es sein. Ja. Vielleicht kennen Sie die „Jet Set Giraffe“. Also die Giraffe, die von 2009 bis 2013 in Monte Carlo stand und dann nach Essex umzog. Eine 7,5-Meter hohe Skulptur aus Fiberglas und Stahl. Bei Tageslicht sieht sie aus, als wäre sie aus Silber, nachts leuchten in ihrem Inneren jedoch 214 Lampen und sie erstrahlt in bunten Farben. Ein Werk, das den Betrachter an die menschliche Oberflächlichkeit erinnern soll. Sagt der Künstler. Der Künstler, das ist Patrick Mimran. Ihm gehörte von 1980 bis 1987 die Marke Lamborghini.

Geht es um Lamborghini wird oft vergessen, dass diese Marke genau genommen nur zehn gute Jahre hatte. Wobei hier „gut“ nicht mit „profitabel“ verwechselt werden darf. Vielmehr reichte die Zeit von 1963 (Gründung) bis 1973 (Ölkrise) zur Legendenbildung. Es war quasi die Phase der Menschwerdung. Das hat viel mit dem Gründungsmythos zu tun, mit dem Miura und dem Countach, dessen Studie bereits 1971 gezeigt wurde.

Lamborghini starb langsam

Danach starb die Firma länger, als sie zuvor gelebt hatte. Öl- und Wirtschaftskrise fuhren der Marke derart in die Knochen, dass Ferruccio Lamborghini sie 1972 an Georges-Henri Rossetti und René Leimer verkaufte – zwei Schweizer Unternehmer. Die führten das Unternehmen in die Insolvenz, aus der die Brüder Patrick und Jean Claude Mimran sie 1980 herauskauften.

Die wiederum verhökerten alles 1987 an Chrysler, die ihrerseits nicht genau wussten, was die damit tun sollten und die Italiener 1994 an MegaTech weiterreichten – ein indonesischer Konzern. Der verkaufte die Marke dann 1998 an Audi. Will man dieses Jahr als das Ende der Lamborghini-Leidenszeit betrachten – was angesichts eines Urus in den Verkaufsräumen nicht zwingend so gesehen werden muss – folgten auf die zehn erfolgreichen Jahre also ganze 26 Jahre Pleiten, Pech und Pannen.

Mit Patrick Mimran mittendrin. Der wurde 1956 in Paris geboren und war deswegen bei der Übernahme der Italiener gerade einmal 24 Jahre alt. Drei Millionen Dollar mussten er und sein Bruder zusammenlegen, um einen Sportwagenhersteller zu bekommen, der pleite war. Doch die Mimrans investierten und meinten es ernst mit der Reanimierung der Firma.

Weil nur wenig Geld da war, wurde alles umgesetzt, was sie in irgendwelchen Schubladen fanden. Der LM002 zum Beispiel. Der Rambo-Lambo war der Konkurrent des HMMWV, der als Hummer H1 eine zivile Karriere starten sollte. Außerdem ließ Mimran den Jalpa entwickeln. Es sollte ein preisgünstiger Lamborghini werden, von dem 1000 Stück pro Jahr gefertigt werden sollten (tatsächlich wurden es in sieben Jahren nur 647 Stück).

Mimran ließ Lamborghini ein Motorrad bauen

Selbst ein Lamborghini-Motorrad brachte Mimran auf die Straße. Die französische Firma „Boxer Design“ entwarf das Modell „Design 90“, angetrieben von einem 1000-Kubikzentimeter-Kawasaki-Motor mit 130 PS. Insgesamt wurden 25 Stück gebaut und zu einem Preis von 13.000 Dollar verkauft – also etwa doppelt so viel wie vergleichbare Mitbewerber.

1987 verkauften die Mimrans Lamborghini wieder. Chrysler zahlte 30 Millionen Dollar, hatte aber keine Ahnung warum eigentlich. Es gab den Plan, in die Formel eins zu gehen und die Idee, unter dem Lamborghini-Label sportliche Chrysler-Modelle zu vermarkten. Nichts davon wurde umgesetzt, bis dann die Marke 1994 an MegaTech ging.

Mimran ist heute Künstler und fertigt Skuplturen, Bilder und Klavierstücke. Eine seiner bekanntesten Arbeiten ist das Billboard Project. Er ließ in diversen Städten Plakate mit seinen Weisheiten aufhängen. Wie „Kunst ist wie Homöopathie. Sie funktioniert nur, wenn man daran glaubt.“ Oder „Erklärungen töten Kunst.“ (fpi)