Googles Hürdenlauf zur Quantenüberlegenheit

Mithilfe der Nasa will Google innerhalb der nächsten Monate nachweisen, dass Quantencomputer herkömmlichen Rechnern tatsächlich überlegen sind.

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Dauerlauf zur Quantenüberlegenheit

Der Bristlecon-Quantenchip von Google (links) soll seine Überlegenheit gegenüber dem Supercomputer Pleiades (rechts) zeigen.

(Bild: Google / Nasa)

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Theoretisch lassen sich mit Quantencomputern Probleme lösen, die konventionelle Rechner einfach nicht bewältigen können. Praktisch ist der Beweis dieser „Quanten-Souveränität“ bisher nicht erbracht. Google, das 2018 mit Bristlecone einen Quantenprozessor mit der bislang größten Zahl supraleitender Qubits vorgelegt hat, will das 2019 ändern.

Der Physiker John Martinis, der die Quanteninformatik-Forschung von Google leitet, glaubt, dass mit dem Bristlecone-Chip die Quantenüberlegenheit gezeigt werden kann. Dabei helfen soll dem Unternehmen die Nasa, so ein bereits im Juli 2018 unterzeichneter Vertrag, der Technology Review vorliegt. Sachleistungen im Wert von 680.000 Dollar stellt die Forschungsagentur nach eigenen Angaben für das Projekt bereit.

Dass die Überlegenheit von Quantenrechnern noch nicht bewiesen ist, hängt damit zusammen, dass die real existierenden Quantenrechner alle noch in einem sehr frühen Stadium sind. Die 72 Qubits von Bristlecone sind zwar der Beleg für einen eindrucksvollen technischen Fortschritt. Praktische Probleme, wie das Knacken einer Datenverschlüsselung oder die Simulation eines großen Moleküls, lassen sich damit aber noch nicht lösen.

TR 1/2019

Technology Review Januar 2019

Dieser Beitrag stammt aus Ausgabe 1/2019 der Technology Review. Das Heft ist ab 20.12.2018 im Handel sowie direkt im heise shop erhältlich. Highlights aus dem Heft:

Google und die Nasa müssen daher erst einmal geeignete Aufgaben finden, die die Überlegenheit des Quantenrechners zeigen könnten. Die Partner wollen „eine Vielzahl von Optimierungs- und Sampling-Problemen“ sowohl auf dem Bristlecone-Quantencomputer als auch auf einem klassischen Supercomputer berechnen.

Dazu werden sich Forscher des Quantum Artificial Intelligence Laboratory (QuAIL) im Ames Research Center der Nasa im Silicon Valley über den Cloud-Service von Google online mit Bristlecone verbinden. Google wird zudem aktuelle Software zur Verfügung stellen, die es klassischen Computern ermöglicht, Quantenschaltungen zu simulieren, sodass die Nasa diese entwickeln und verbessern kann.

Anfang nächsten Jahres, wenn sich beide auf die Probleme und ersten Ziele für die Simulation geeinigt haben, wird die Nasa dann auch die Software programmieren, die für die Simulationen auf ihrem Supercomputer namens Pleiades erforderlich ist. Mit einer Spitzenleistung von rund sieben Petaflops steht er derzeit auf Platz 26 der schnellsten Supercomputer der Welt.

John Martinis von Google glaubt, dass mit dem Bristlecone-Chip die Quantenüberlegenheit gezeigt werden kann. Nicht alle Quantenrechner-Experten sind allerdings so zuversichtlich wie Google und die Nasa. Denn die supraleitenden Qubits sind sehr empfindlich. Störungen führen dazu, dass aufwendige Fehlerkorrekturen durchgeführt werden müssen, die den Performance-Vorteil des Quantenrechners wieder auffressen könnten.

Daniel Lidar, Direktor des Center for Quantum Information Science and Technology an der University of Southern California, glaubt, dass für den Google-Chip „eine zusätzliche Form der Fehlerunterdrückung notwendig wäre“. Darüber hinaus hätten „klassische Simulationsmethoden in den letzten Jahren die Messlatte mehrmals höher gelegt, und es ist durchaus wahrscheinlich, dass sich dieser Trend fortsetzen wird“. Weil die Programme für herkömmliche Rechner immer besser werden, wird es zunehmend schwerer, die Quantensouveränität zu erreichen. Ausschließen will es Lidar aber nicht.

Mehr zu kommenden technologischen Projekten im Jahr 2019 lesen Sie in der neuen Januar-Ausgabe von Technology Review (im gut sortierten Zeitschriftenhandel und im heise shop erhältlich). (anwe)