Berliner Innensenator: Deutschland drückt sich vor Debatte über Digitalisierung

Von Digitalisierung und Überwachung hänge die Industrienation Deutschland ab, findet Berlins Innensenator Geisel. Deshalb müsse ein rechtlicher Rahmen her.

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Deutschland drückt sich vor Debatte über Digitalisierung

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  • dpa
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Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) hat angesichts der rasanten technischen Entwicklung eine intensivere politische Diskussion über Datennutzung und Datenschutz gefordert. Weder Gesellschaft noch Politik seien bei dem Thema auf der Höhe der Zeit, sagte Geisel der Deutschen Presse-Agentur. "Wir führen derzeit eine Debatte über Digitalisierung und Überwachungsmöglichkeiten, die den Stand der Technik der vergangenen 15 Jahre abbildet. Die Herausforderung ist aber, zu sehen, was in den nächsten 15 und 20 Jahren stattfindet."

Geisel betonte, Daten seien der Rohstoff der Industrienationen des 21. Jahrhunderts. "Hier müssen wir sehen, welche gesetzlichen Rahmenbedingungen wir brauchen, um die bestmögliche Nutzung und den größtmöglichen Schutz der Daten zu gewährleisten."

Die entscheidende Frage sei: "Wie begegnen wir dem Missbrauch von Digitalisierung". Kürzlich habe er bei einer Reise nach China gesehen, was technisch möglich sei, sagte Geisel. "Das ist die vollständige Überwachung unter Ausschöpfung aller technischen Möglichkeiten."

Inzwischen nutze fast jeder Mensch ein Smartphone und gebe darüber zahllose Daten zu Standorten und Einkaufsverhalten preis, sagte der Innensenator. "Diese Daten liegen bei kommerziellen Unternehmen vor. Facebook und Google wissen sehr viel über uns. Und eine Debatte darüber zu führen, ob wir an einem kriminalitätsbelasteten Ort fünf Videokameras aufstellen, ist rührend analog angesichts dieser Entwicklung", sagte Geisel. "Die eigentliche politische Herausforderung ist, dieser zunehmenden Digitalisierung einen politischen und einen rechtlichen Rahmen zu geben."

Geisel betonte: "Ich sehe, dass wir uns bundesweit vor dieser Debatte wegducken und dass die technische Entwicklung, die wir in Asien beobachten, an uns vorbeigeht." Die deutsche Autoindustrie habe das Thema der Elektromobilität vollständig verschlafen. Nun gehe es um die Frage der künstlichen Intelligenz. "Wenn wir dafür keinen gesetzlichen Rahmen setzen, geht auch diese technische Entwicklung an uns vorbei. Das würde unseren Wohlstand in Frage stellen, weil wir dann auf Dauer unseren Stand als Industrienation gefährden."

Die entsprechenden Aufgaben für die Politik seien umfangreich, meinte Geisel. "Wir müssen uns darüber im Klaren sein, wer an Daten herankommt. Wie wir diese Daten gegen kriminelle Zugriffe absichern. Zu welchem Zweck sie eingesetzt werden können, zu welchem Zweck sie nicht eingesetzt werden dürfen. Und wann solche Daten wieder gelöscht werden. Die Debatte verweigern, aber sich eine Smart City wünschen: Das funktioniert nicht." (tiw)