Wem würde ich zu einer KTM 790 Adventure raten? Niemandem.

Klartext: Raten zur Reiseenduro

Reiseenduros bedienen sich häufig eines Chassis', mit dem der entsprechende Hersteller auch tiefere, leichtere und weniger schiache Motorräder baut. Objektiv sind die stets die bessere Wahl, auch für das gelegentliche Schotterstück. Aber Objektivität ist nicht alles

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Von
  • Clemens Gleich
Inhaltsverzeichnis

Zur Berichterstattung der KTM 690 Enduro erreichte mich eine interessante Anfrage: „Wem würdest du zu einer KTM 790 Adventure raten?“ Was ich aus dieser Anfrage herauslesen kann: Der Mann interessiert sich für einen Fahrbericht dieses Kraftrads. Wir wollen so etwas im Lauf des Jahres bewerkstelligen, denn er wird sicher nicht der einzige Interessent bleiben. KTMs Ankündigung der kleineren Adventure stieß in der Motorradszene auf viel Beifall, weil der SUV-Gedanke die Motorradwelt fast so fest im Griff hat wie die Autowelt. Aber wem würde ich zu einer 790 Adventure RATEN? Objektiv betrachtet: niemandem.

Alles, was die 790 Adventure auf Asphalt kann, kann die 790 Duke besser, billiger und schöner (oder je nach Geschmack: weniger hässlich). Und alles, was die 790 Adventure auf den Schotterwegen kann, die Reiseenduristen befahren, kann die 790 Duke objektiv kaum schlechter. Früher™ gab es in den Alpen noch viel mehr unasphaltierte Pässe. Glaube niemand, dass deswegen alle mit TKC 80 da rauffuhren oder was auch immer man früher als Klötzchenreifen so hatte.

Subjektiv fahren die meisten Fahrer wahrscheinlich auf Schotter besser und sicherer mit der Duke, weil sie niedriger ist und leichter und somit ein sichereres Gefühl vermittelt. KTM gibt die 790 Duke 20 kg leichter als die 790 Adventure an in ihrem komischen „Trockengewicht“ ohne Batterien. Es könnten vollgetankt durchaus bis 30 kg werden. Also werde ich doch niemandem das schlechtere Motorrad empfehlen. Nur: So einfach ist die Antwort wie immer nicht. Objektivität hilft uns beim Thema SUV/Reiseenduro nicht weiter.

Der Wunsch nach Vernunft

Wenn wir uns etwas wünschen, dann drängt uns ein innerer Impuls dazu, dessen Ursprünge wir im Bewusstsein nicht vollends erfassen können. Wir verspüren dennoch das Bedürfnis, unsere Wünsche pseudologisch zu erklären – uns selbst und unserem Umfeld gegenüber, denn wir empfinden uns als vernunftgesteuerte Wesen. „Ich brauche einen BMW X3, damit ich meinen Pferdeanhänger über den Acker ziehen kann.“ „Welchen Pferdeanhänger? Über welchen Acker?“ „Halt die Klappe!“

Das Informationszeitalter hilft uns hier enorm. Es existiert zu jedem Fahrzeug ein 360°-Spektrum an Meinungen und Einordnungen – jederzeit zugriffsbereit auf jedem Klogang. Ich kann jedes Fahrzeug als völligen Knödel oder als das nützlichste Etwas seit der Erfindung des Feuers sehen und dazu Belege zitieren, deren Autoren das genau so sehen wie ich.