Handel im Wandel

Der Online-Handel boomt. Gleichzeitig wird der Wunsch nach alternativen Zustellungsmöglichkeiten groß. Geht es zurück zum klassischen Schaufensterbummel?

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Cosima Ermert

Ein typischer Tag in sozialen Netzwerken: "Traue mich nicht, duschen zu gehen. Der Paketbote sollte schon vor drei Stunden kommen!", lautet ein Post. Ein anderer lädt ein Foto hoch: Ein Paket liegt im Hausflur, spärlich bedeckt von der Fußmatte. "Tarnungslevel 100", so die Bildunterschrift.

Laut FAZ verschickten die Deutschen im vergangenen Jahr mehr als 3,5 Milliarden Pakete. Eine große Herausforderung für Paketzulieferer. So richtig praktisch ist das auch nicht, wenn man nicht den ganzen Tag Zeit hat, sehnsuchtsvoll auf sein Paket zu warten.

Das Image des bequemen Onlineshopping bröckelt schon länger. Es häufen sich Beschwerden über die Zustellung. Entweder das Paket wird beim Nachbarn abgegeben und der fliegt zufällig – kaum hat er etwas, was wie seine Unterschrift aussehen soll, auf das Display gekritzelt – für drei Wochen in den Urlaub. Oder es landet beim Paketshop, wo den lange Warteschlangen und knapp bemessene Öffnungszeiten die Abholung zu einer Herausforderung machen. Die Lieferung geht verloren. Der Paketbote kommt unpünktlich. Oder wie es mir einmal passiert ist: Das Paket kommt an, das bestellte Tablet darin allerdings nicht. Der Karton wurde von unten aufgeschnitten, das Gerät entwendet, die Tat mit Klebeband vertuscht. Kurzum: In dem Moment, in dem man auf "Jetzt Bestellen" drückt, beginnt der Stress.

Damals habe ich das Geld zurückerstattet bekommen. Seit meinem Tablet-Debakel lasse ich Ware aber, wenn ich schon online bestelle, möglichst per "Click and Collect" ins Geschäft liefern. Ist ja auch schön, das Gerät vor dem Bezahlen mal in der Hand gehabt zu haben.

Laut einer repräsentativen Studie des Digitalverbands Bitkom scheint das immer mehr Leuten so zu gehen. Mehr als jeder vierte Online-Käufer hat demzufolge schon Click and Collect genutzt. Ein Fünftel will das auch weiterhin tun. Das scheint besonders ein junges Phänomen zu sein: In der Altersgruppe von 14 bis 29 ist ein Drittel Fan vom Selbstabholen, ab 50 Jahren nur noch zwischen 13 und 18 Prozent.

Gründe für diesen Trend findet Bitkom auch. Das "bietet dem Kunden die volle Flexibilität“ heißt es da. "Die Ware kann – zum Beispiel in Verbindung mit anderen Besorgungen – zu den bekannten Geschäftsöffnungszeiten abgeholt und gleich begutachtet oder anprobiert werden." Das erinnert mich irgendwie an den ganz klassischen Schaufensterbummel.

Noch beliebter ist die Angabe eines Wunschzeitraums bei der Bestellung. Fast die Hälfte der Online-Käufer habe dieses Angebot schon genutzt. Ein knappes Drittel würde es auch gerne in Zukunft in Anspruch nehmen. Das kostet aber oft extra – und erschwert den Arbeitsalltag für Paketboten.

Kommilitonen von mir nutzen lieber die Abholstation auf dem Weg zur Mensa. Wenn die voll ist, kann das Paket auch mal in einer ganz anderen Station landen – Busfahrten und Suchaktionen der gelben Kästen in unbekannten Stadtteilen sind die Folge. Der Weg direkt ins Geschäft wäre wohl kürzer.

(jle)