Naked Car

Im VW 181 durch die Südstaaten der USA

Was ein Naked Bike ist, wissen Sie. Der VW 181 ist ein Naked Car: Nacktes Blech außen und innen, keinerlei Ausstattung und obenherum jederzeit gern auch völlig textilfrei. Zum 50sten des Käfer-Abkömmlings fuhren wir eine Geburtstagtour von der Atlantikküste Floridas bis nach Texas

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 20 Kommentare lesen
25 Bilder
Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Stefan Grundhoff
Inhaltsverzeichnis

Was ein Naked Bike ist, wissen Sie. Der VW 181 ist ein Naked Car: Nacktes Blech außen und innen, keinerlei Ausstattung und obenherum jederzeit gern auch völlig textilfrei. Nachdem der VW 181 ab 1969 erst nur für offizielle Zwecke gebaut wurde, kam er später auch zu den VW-Händlern. Sein Potenzial zum Freizeitmobil wurde wohl zuerst in den USA erkannt, wo man den unter dem Namen „Safari” vermarkteten VW zunächst etwas ratlos als „The Thing” bezeichnet hatte.

Zum 50sten des Käfer-Abkömmlings fuhren wir eine Geburtstagtour von der Atlantikküste Floridas bis nach Texas. Fünf Tag quer durch die Südstaaten der USA durch Sumpflandschaften, amerikanische Ferienregionen und die sehenswerten Metropolen New Orleans und Houston.

In unseren Breiten war der von den meisten Soldaten nur fälschlich nach seinem WK2-Vorgänger „Kübel” genannte VW 181 ein leichter Kurierwagen. Zum echten Offroader taugte der VW 181 schon deshalb nicht, weil Bodenfreiheit, Allradantrieb sowie Geländeübersetzung fehlten. Die Konstruktion war eine Mischung aus VW Käfer, Bulli und Karmann Ghia. In den USA und speziell in Kalifornien ist der VW 181 eine Legende.

Sein Name, „The Thing”, ist einfach zu erklären, denn der 181er ist kein Geländewagen, kein Cabrio, kein Beetle und schon gar kein Pick Up – ein Ding eben, dass viele kennen und mindestens ebenso viele noch nie gesehen haben.

Eifrig schnattert die Luftpumpe

Man sollte man sich vorab von der Idee verabschieden, flott unterwegs sein zu wollen. Der eifrig schnatternde 1,6-Liter-Vierzylinder-Boxer im Heck unseres Thing leistet 44 PS und bietet ein Drehmoment von 102 Nm. Bergauf über die zahlreichen Brücken im Süden der USA geht es bei entsprechender Beladung oftmals nur mit Zurückschalten in den dritten Gang und Ausdrehen des luftgekühlten Motors.

115 km/h Höchstgeschwindigkeit schafft das rund eine Tonne schwere Kantblech nur an guten Tagen. Deutlich besser ist man daher auf den kleinen Landstraßen aufgehoben und wo besser als hier könnte man die unberührte Natur der Südstaaten besser erkunden? Das flatterige PVC-Dach hinten geklappt, die Steckscheiben raus. Wird dann noch die Windschutzscheibe nach vorn umgelegt, stürmt im Innern des Kübels jedoch ein Orkan und der Fahrtwind peitscht ins Gesicht. Einmal ausprobiert genügt uns. Um Dieben bei dem einfachen Zugriff durchs Textil die Arbeit zu erschweren, sind die Koffer durch Fahrradschlösser am Auto gesichert.

Offen unterwegs kann man Natur und Landschaft am besten genießen, während im Heck der Boxer rasselt. An Tankstellen, vor Coffeeshops, beim Einkaufen oder vor Hotelvorfahrten interessiert sich niemand mehr für die in dieser Region ohnehin nur selten anzutreffenden Luxuskarossen oder Sportwagen. Der Star ist überall The Thing.

Das kantige Wellblech begeistert Passanten

Trucker hupen, wenn sie einen überholen, Harley-Biker recken den Daumen in die Höhe und steht man erst einmal an einer Ampel, deuten begeisterte Passanten auf das kantige Wellblechauto. Hat man die naturbelassene Küstenregion zwischen Tallahassee und Pensacola, die im Herbst letzten Jahres von Hurrican Michael übel zugerichtet wurde, erst einmal hinter sich gelassen, dominieren neben Sümpfen die bunten Pfahlhäuser das Bild entlang der Bundesstraße 98. Das Wetter ist deutlich kühler als erwartet und der starke Wind lässt uns die nicht funktionierende Heizung des VW 181 schmerzlich vermissen Die Moskitos scheinen die niedrigen Temperaturen kaum zu stören, sie finden den gelben Lack von The Thing beinahe so anziehend wie das Blut der Insassen.