Bit-Rauschen: Intel attackiert mit Xe-Grafik AMD und Nvidia – vielleicht

AMD, Intel und Nvidia rüsten sich zum Kampf um den Grafik-Markt, vom Gaming-PC bis zum Exaflops-Supercomputer. Dabei rauscht der GPU-Absatz gerade in den Keller.

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Bit-Rauschen: Intel attackiert mit Xe-Grafik AMD und Nvidia – vielleicht
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Da hat AMD wohl ein Déjà-vu-Erlebnis: Ende 2018 brach der Verkauf von PC-Grafikkarten um satte 40 Prozent ein. Schuld daran hatte letztlich der zweite Mining-Boom für Kryptogeld, der 2017 einsetzte, den GPU-Markt leerfegte und zu grotesk überhöhten Preisen führte. Irgendwann im zweiten Halbjahr 2018 lohnte sich dann das Ethereum-Schürfen mit Grafikkarten nicht mehr und die Nachfrage sackte abrupt ab. Eine kalte Dusche verpassten die ersten ASIC-Miner schon 2014 dem GPU-Geschäft, das 2013 im Bitcoin-Fieber heiß lief. Seinerzeit verstopften dann obendrein noch haufenweise gebrauchte Radeons den Markt.

Künftig könnten Online-Dienste wie PlayStation Now, Xbox Live, Shadow PC und Google Stadia (siehe S. 40) die Grafikkarten-Kauflust bremsen. Dann müssen AMD und Nvidia mehr an Rechenzentren verkaufen – AMD freut sich schon über Googles Radeon-Aufträge für Stadia. Trotz solcher Unwägbarkeiten will Intel unbedingt bei Grafikkarten mitmischen und 2020 die Xe-GPU auf den Markt bringen. Laut Intel-Fellow und GPU-Chefarchitekt David Blythe – ein SGI-Veteran – steht Xe für exponentielle Skalierbarkeit von sparsamen integrierten Grafikprozessoren bis hin zu Exaflops-Supercomputern.

Einen solchen hat Intel jetzt für 2021 ziemlich fest versprochen, jedenfalls „zielt“ man gemeinsam mit Cray auf dieses Lieferjahr: Das Argonne National Lab in Chicago bekommt dann den Aurora als ersten Supercomputer der USA mit mindestens 1 Exaflops. Erzkonkurrent ist China, wo schon Vorläufersysteme von Exascale-Superrechnern laufen – auch mit AMD-Technik. Japan arbeitet am Post-K-Supercomputer mit ARM-SVE-Prozessor von Fujitsu, die EU will 1 Milliarde Euro in ein Exascale-System stecken, wohl ebenfalls mit ARM und vielleicht RISC-V.

Aurora wird ein reines Intel-System sein, eine halbe Milliarde US-Dollar kosten und mehr als 200 Cray-Schränke füllen. Außer den dann aktuellen Xeons – die 10-Nanometer-Ice-Lakes sollen bereits 2020 kommen – rechnen darin Xe-Beschleuniger. Ob letztere per PCI Express 5.0 angebunden sein werden oder mit dem neuen, kohärenten CXL (siehe S. 42) oder mit dem UPI des Xeon-SP, ist offen. Die Programmierer sollen jedenfalls das neue „One API“ nutzen, um sowohl (Xeon-) CPU-Kerne als auch (Xe)-GPU- und (Altera-)FPGA-Beschleuniger einzubinden.

Mit dem Supercomputer Perlmutter am National Energy Research Scientific Computing Center (NERSC) in Berkeley kann Cray 2020 schon mal üben: Darin wird dieselbe „Shasta“-Technik mit „Slingshot“-Interconnect stecken wie später im Aurora. Doch im Perlmutter rechnen AMD-Epyc-Prozessoren mit Zen-3-Technik (Milan) sowie die 2020 aktuellen Nvidia-Tesla-Karten – möglicherweise 7-nm-Nachfolger der heutigen Voltas (V100).

Nvidia hat sich unterdessen Mellanox unter den Nagel gerissen (siehe S. 42), um sich noch besser für Supercomputer zu rüsten: Mellanox ist einer der Pioniere bei der High-End-Vernetzung mit Infiniband. Intel hat die „F“-Xeons mit eingebautem OPA-Interconnect für Supercomputer, künftig könnten Infiniband-Teslas kommen. Zum selbst bootenden Clusterknoten würden solchen Teslas noch ein paar ARM- oder RISC-V-Kerne fehlen.

Intels Xe-GPUs sollen einen riesigen Leistungsbereich abdecken: von der Prozessorgrafik bis zum Supercomputer.

(Bild: Intel)

Anscheinend rüstet sich Intel für eine große Marketing-Schlacht um Grafikkarten gegen Nvidia und AMD. So hat Intel nicht bloß schon 2017 den ehemaligen AMD-(ATI-)Chefarchitekten Raja Koduri abgeworben und später als auch den Mikroarchitektur-Guru Jim Keller. Man holte sich auch den Marketingexperten Chris Hook von AMD und in den vergangenen Monaten auch zwei in den USA bekannte Technikjournalisten: Ryan Shrout, den Gründer von PC Perspective (PCPer), sowie den sehr selbstbewussten Texaner Kyle Bennett von HardOCP. Shrout betrieb allerdings schon zuvor eine Beratungsfirma, die unter anderem AMD und Nvidia bediente – und Intel. Wie Raja Koduri kürzlich im Interview mit Barrron’s verkündete, arbeiten bei Intel rund 4500 Menschen an Grafikprozessoren. Auf der Game Developers Conference zeigte Intel Konzeptstudien zum Aussehen kommender Xe-Karten. Die Wartezeit soll das „Odyssey“-Programm verkürzen – bleibt zu hoffen, dass Odysseus rechtzeitig ans Ziel kommt.

Die schönste Computertechnik nutzt freilich wenig, wenn sie Sicherheitslücken hat. Über Firmware-Bugs berichtet Intel nun quartalsweise und meldete im März satte 17 Pannen, die aber nur lokalen Angreifern nützen. BIOS-Updates sind in der Mache. Letzteres gilt angeblich auch für die vor einem Jahr gefundenen Masterkey- und Ryzenfall-Lücken in AMDs Ryzen-Chips – melden jedenfalls deren Entdecker. Leider verschweigen sie ebenso wie AMD, woran ein BIOS-Update mit diesen „AMDFlaws“-Patches zu erkennen ist. (ciw)