Aus dem Einfallsreich

Motorradwelt um einen der kreativsten Customizer ärmer

Mit Arlen Ness geht der Motorradwelt einer der ganz großen kreativen Geister verloren. Wohl niemand hat die Custom-Bike-Szene geprägt wie er. Von klein auf war Ness vom Thema Motorrad fasziniert und begann vor rund einem halben Jahrhundert seine ersten Harley-Davidsons umzubauen

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Der Customizer Arlen Ness 13 Bilder
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • iga

Arlen Ness ist tot. Wohl niemand hat die Custom-Bike-Szene geprägt wie er. Von klein auf war Ness vom Thema Motorrad fasziniert und begann vor rund einem halben Jahrhundert, nachdem er von Minnesota ins wärmere Kalifornien übergesiedelt war, seine ersten Harley-Davidsons umzubauen.

Was ihn Zeit seines Lebens auszeichnete war seine Fantasie und sein Perfektionismus. Selbst wer mit der Gattung Chopper nichts anfangen kann, wird von den Arlen-Ness-Umbauten beeindruckt sein. Im Grunde war Ness mehr Künstler als Mechaniker, seine Werke sollten stets ausdrucksstark sein. Dabei ging es ganz sicher nie um die Fahrbarkeit, denn viele seiner Kreationen dürften mit elend langen Radständen und flachen Gabeln kaum um Kurven zu manövrieren sein. Vielmehr ging es ihm um das Gesamtkonzept, es sollte ein bestimmtes Thema interpretiert werden. Vom selbst konstruierten Rahmen über die Wahl der Gabel, Schwinge und Räder bis hin zur Lackierung musste für Ness alles perfekt harmonieren.

Legendäre Umbauten

Interessanterweise hat er kaum vom Verkauf seiner Umbauten gelebt, denn die meisten behielt er und stellte sie in seinem eigenen, kleinen Museum in Dublin, Kalifornien aus, bis zu seinem Lebensende sammelten sich dort rund 40 Exemplare an. Darunter Berühmtheiten wie die Smooth Ness, die im Art Deco-Stil umgebaut wurde und deren Vorbild eindeutig ein klassischer Bugatti war. Oder die Ness Stalgia, die im Stil eines Chevrolet Bel Air von 1957 geformt wurde. Legendär ist die Mach Ness – Arlen Ness hatte schon lange die Idee dazu gehabt, doch erst 2005 setzte er sie um. Die an einen Kampfjet erinnernde Aluminiumverkleidung wurde von Bob Monroe in Handarbeit geschaffen und angetrieben wird das stromlinienförmige Bike von einer Helikopter-Turbine.

Mit Auszeichnungen überhäuft

Arlen Ness wurde im Laufe von fast fünf Jahrzehnten mit Auszeichnungen überhäuft wie dem „Builder of the year“, er schaffte es 1992 in die „Motorcycle Hall of Fame“ und ihm wurde der „Lifetime Achievement Award“ verliehen. Mehr Ehrungen kann man in der Motorradbranche wohl nicht erhalten. Seinen eigentlichen Lebensunterhalt verdiente Ness, neben Auftragsarbeiten, vor allem mit dem Verkauf von selbstentworfenem Zubehör für Harley-Davidson und später auch für die amerikanischen Marken Victory und Indian Motorcycle.

Bis heute ist die Firma Arlen Ness ein Familienunternehmen, sein Sohn Corey trat schon früh in die Fußstapfen des Vaters und sogar Enkel Zach arbeitet mittlerweile im Betrieb. Corey gilt inzwischen selber als einer der besten Customizer und schlug 2004 seinen Vater bei einem Wettbewerb um den schönsten Umbau. Enkel Zack Ness erschuf schon Custom-Bikes, bevor er seinen Schulabschluss hatte. Corey hat längst das Tagesgeschäft im Laden in Dublin, Kalifornien übernommen und vertreibt die Marke Indian Motorcycle, während Arlen sich nur noch neuen Ideen für Umbauten widmete.

Eigene Bekleidungs-Linie

Doch schuf Arlen Ness nicht nur viele spektakuläre Custom-Bikes und entsprechendes Zubehör, sondern auch eine eigene Motorrad-Bekleidungs-Linie. Interessanterweise war es durchaus nicht nur Bekleidung für Chopperfahrer, sondern auch für die Rennstrecke, seine einteiligen Lederkombis genießen einen sehr guten Ruf. Außerdem hält er das Patent auf „Big Shot“, ein programmierbares Steuergerät für Einspritzanlagen.

Mit Arlen Ness geht der Motorradwelt einer der ganz großen kreativen Geister verloren. Er konnte auf ein erfülltes Leben zurückblicken und sein Werk wird würdevoll von seinem Sohn und Enkel weitergeführt. Der „König der Customizer“ starb am 22. März im Alter von 79 Jahren in Kalifornien. (fpi)