Kleinstpflege

Renault Twingo: Modellüberarbeitung 2019

Renault überarbeitet den Twingo, was nur sehr aufmerksamen Menschen auffallen wird. Denn viel ändert sich nicht: Hier und da eine kleine Umformung, ein frisches Infotainment und veränderte Motoren sollend en kleinen Franzosen attraktiver machen

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Renault Twingo 2019 12 Bilder

(Bild: Renault)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Martin Franz

Mit Wehmut denke ich an den Ur-Twingo zurück. Weniger wegen dessen Kulleraugen, sondern vielmehr, weil er nicht vorgab, alles zu können und seine Schlichtheit unvergleichlich charmant verpackte. Das aber, was er konnte, konnte er richtig gut – man denke nur an die verschiebbaren Rücksitze oder das motorlose, riesige Faltdach. Die Nachfolger waren und sind im Detail moderner, an den Liebreiz des Originals kam aber weder der seltsam geformte Twingo 2 noch das aktuelle Modell heran. Daran ändert auch eine kleine Überarbeitung nichts.

Eingebremst

Dabei hatte prinzipiell mit der aktuellen Auflage alles so gut angefangen: Mit der Entscheidung, den dritten Twingo auf die technische Basis des Smart aufzubauen, wählte Renault den Sonderweg von Daimler, den Motor hinten einzubauen. Ein eigenwilliger und mutiger Entschluss, den außer Daimler momentan im Großserienbau niemand verfolgt. Er könnte für einen spannende Raumaufteilung und ein extrem eigenständiges Fahrverhalten gut sein, doch Renault erstickt jegliche Dynamik mit einem rigoros regelndem ESP. Zu groß war die Angst vor Bildern, die den Kleinwagen in ungünstigen Posen zeigen. Die kleine Modellpflege ändert daran überhaupt nichts, im Interesse der Sicherheit hält Renault die Zügel der Fahrdynamikregelung straff gespannt.

Und so beschränken sich die Neuerung auf das Übliche: Ein paar neue Scheinwerfer, anders geformtes Plastik, wo früher einmal eine Stoßstange war, andere Felgen, nun bis zu 16 Zoll groß. Ein zusätzlicher Lufteinlass verbessert die Kühlung des Heckmotors, ein höher positionierter Griff an der hinteren Klappe den Zugang zum Heck. Im Innenraum haben nun alle Ausstattungsvarianten ein Deckel vor dem Handschuhfach und einen anders geformten Schalthebel. Wer mag, kann den Innenraum mit „Innenlook“-Paketen farblich fröhlich umgestalten, wobei unter anderem auch Schwarz möglich ist.

Navi folgt

Etwas mehr Aufwand betrieb Renault beim Infotainment. „Easy Link“ ersetzt das bisherige „R Link Evolution“, wobei der Kunde davon unter anderem eine leichtere Bedienung versprochen wird. Es seien nun weniger Schritte nötig, um zwischen unterschiedlichen Funktionen zu wechseln. Das klingt vielversprechend, denn genau das nervt in vielen Autos wie dem kürzlich gefahrenen Seat Leon TGI. Die Spracherkennung soll durch ein zweites Mikrofon verbessert worden sein, mit dessen Hilfe Störgeräusche besser erkannt und anschließen gefiltert werden. Mindestens ebenso wichtig wird vermutlich vielen Kunden sein, dass sich Android und iOS einbinden lassen. Denn so lässt sich verschmerzen, dass ein werksseitiges Navigationssystem erst nachgereicht werden soll.

Bei den Motoren ändert sich einiges. Der bisherige Dreizylinder mit 71 PS wird aus dem Programm genommen und durch zwei Dreizylinder mit 65 und 73 PS ersetzt. Sie seien leiser, leichter und würden spontaner ansprechen, verspricht Renault im Beipackzettel. Die Werksangaben unterscheiden sich kaum, sieht man einmal davon ab, dass der neue 73-PS-Motor mit bis zu 163 km/h zwölf Stundenkilometer schneller sein soll als der Vorgänger. Diesbezüglich verspricht der nach der Überarbeitung auf 93 PS erstarkte Turbo-Dreizylinder keinen nennenswerten Vorsprung, trotz 20 PS mehr. Die Version mit 110 PS wird bis auf weiteres nicht mehr angeboten.

Demnächst veraltet

Wichtiger als die erreichbaren Maximalgeschwindigkeiten dürfte den meisten Kunden vermutlich der Verbrauch sein. Renault gab bisher für das Modell mit 71 PS im NEFZ 5 Liter an. Nun sollen die beiden mit 4,4 Litern auskommen, wobei allerdings Vorsicht geboten ist. Denn wie so viele Hersteller rechnet auch Renault die im WLTP ermittelten Werte „zur besseren Vergleichbarkeit“ auf den alten NEFZ um. Und wie fast alle anderen schickt auch Renault die aktuellen Neuwagen mit der Abgasnorm Euro 6d-Temp los, die ab September diesen Jahres Pflicht für alle erstmals in der EU zugelassenen Autos wird und nur noch bis Ende 2020 erstzulassungsfähig ist. Anders ausgedrückt: Spätestens ab Herbst nächsten Jahres fahren jene Kunden, die sich bald für einen neuen Twingo entscheiden, ein junges Auto mit veralteter Abgasnorm. Dass Renault damit ganz und gar nicht allein ist, macht die Sache keinen Deut besser.

Das Basismodell mit 65 PS wird unverhandelt ab 10.290 Euro angeboten. Wer Radio und Klimaanlage hinzuaddiert, landet schon bei 11.680 Euro und damit kaum unter dem, was Renault für die stärkere und etwas besser ausstaffierte Version verlangt. Vor allem aber eröffnet sich mit dieser „Limited“ getauften, mindestens 12.190 Euro teuren Version die Möglichkeit, den Twingo in gewissen Grenzen individuell auszustatten. Dabei ragt das charakterbildende Faltdach für 990 Euro, inzwischen mit einem E-Antrieb versehen, heraus. Mit ihm vermittelt der dritte Twingo ein Hauch dessen, was sein charmanter Vorfahr so lässig in den Alltag streute. (mfz)