Das Ende des kleinen Smart in Nordamerika und seine chinesische Zukunft

Klartext: Premium ad absurdum

Smart hat das Ende der US-Geschäfte mit der Daimler-Marke bekanntgegeben. Verwundern kann das kaum, denn die Verkäufe dort bewegten sich in homöopathischen Bereichen. Doch auch in Europa bleibt der kleine Zweisitzer zum Preis eines größeren Autos ein Problemkind

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Von
  • Clemens Gleich
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Smart schmeißt das US-Geschäft also hin. Diese Nachricht sorgte für verärgerte Enttäuschung unter den Fans der Marke. Verständlicher Ärger: Wahrscheinlich wissen sie im Herzen, dass dem Smart, wie sie ihn kennen und lieben, auf lange Sicht das weltweite Ende bevorstehen könnte. Als Liebhaber von kleinen Autos schmerzt mich diese Nachricht selbst. Allerdings hatte ich mit der Marke Smart schon abgeschlossen, als Daimler dabei blieb, ein kleines Auto zum Preis eines größeren Autos verkaufen zu wollen. Das ist jetzt bald zwanzig Jahre her.

Chancen seien verschenkt worden, lese ich bei Kollegen, die im kleinen Smart-Fahrzeug ein Produkt sehen, das Potenzial zur Disruption gehabt hätte. Doch Daimler habe es „verkackt“. Wenn man nachfragt, wie es der Konzern denn hätte machen sollen, kommt meistens Stille, manchmal der Hinweis auf die ersten beiden Generationen, die als besser erinnert werden. Ich mochte es auch nicht, dass der Smart breiter wurde und habe damals darüber geschrieben. Aber ich fahre viel Smart, wegen der Car2Go-Autos in Stuttgart. Deshalb kann ich mit Autorität sagen: Ihr erinnert euch wahrscheinlich etwas romantisch verklärt an die alten Smarts. Wenn man heute von einem aktuellen Modell direkt in die älteren Generationen umsteigt, dominiert eher das Gefühl von „Eugghh, das haben die damals verkauft?“. Und wie gesagt: Ich mochte die Dinger, gerade die schmaleren alten Modelle. Aber sie waren als Produktlinie nie wirklich passend.

Premium ad absurdum

Manchem Fan fehlte gar die Kommunikation, dass der Smart eben etwas Besonderes sei, für das man mehr bezahlen müsse. Daraus spricht die Wahrnehmung, Daimler habe das in der Vergangenheit nicht getan. Erstaunlich. Ich habe es diametral gegensätzlich wahrgenommen. Mir ging die Smart-Kommunikation von „Premium! Das ist PREMIUM!!“ voll auf die Nerven.

Mit vielen Mitarbeitern konnte man kein öffentliches Gespräch über den Smart führen, ohne dass jedes „ein billiges Auto“ mit „NajAAA, der Smart ist ein KLEINES Auto, aber kein billiges!“ gekontert werden musste. Dass man mir das ständig sagen musste, liegt natürlich an mir. Ich habe seit jeher verdrängt, zu welchem Preis der Smart angeboten wird. Wie wir jetzt wieder am Elektroauto sehen: Der Kunde bezahlt keine unbelegten „Premium“-Ansprüche, sondern er bezahlt das, was er zu erhalten glaubt. Bei Tesla bezahlt er die einzige elektrische Luxuslimousine, die es gibt. Im VW e-Up bezahlte er den dreifachen Preis eines Benzin-Up eher selten. Der Up war ein sehr gutes Elektroauto (Test). Aber er war nicht dreimal so gut wie seine Benzin-Pendants. Genauso ist der Fortwo ein ganz gutes Stadtfahrzeug. Aber das ist ein Fahrrad auch. Ja noch mehr: Die Ursprungsmaxime des Autos „reduce to the max“ kann das Fahrrad viel besser. Ein Smart ist nicht einmal ein maximal reduziertes Auto. Da waren Daimlers Management-Etagen dagegen.