Eine Frage des Ladens

Schon bald dürfte der Trend zu Elektroautos dank billigerer Akkus richtig in Schwung kommen, sagen Analysten voraus. Verbesserte Ladeinfrastrukturen könnten die Entwicklung sogar noch weiter beschleunigen.

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Eine Frage des Ladens

Model 3 von Tesla am Supercharger.

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Sascha Mattke
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Die Elektrifizierung des Straßenverkehrs dürfte schneller vonstatten gehen als bislang prognostiziert. In seinem jährlichen Electric Vehicle Outlook sagt der Informationsdienstleister Bloomberg New Energy Finance (BNEF) voraus, dass Elektroautos im Jahr 2040 rund 57 Prozent aller weltweit neu verkauften Personenwagen ausmachen werden. Dies sei etwas mehr, als man im vergangenen Jahr erwartet habe, heißt es in der Mitte Mai veröffentlichten Studie.

Der Bericht deckt ein weites Themenspektrum von Personen- und Nutzfahrzeugen über neue Mobilitätsdienste bis zu den Kosten und Rohstoffen für die Akkuproduktion ab, wurde der Presse allerdings nur in Auszügen zur Verfügung gestellt. Als Haupttreiber der Elektrifizierung in den kommenden Jahren identifiziert BNEF darin die rapide sinkenden Kosten für Batterien, als Hemmnis die Ladeinfrastruktur.

Mitte bis Ende der 2020er Jahre soll es dadurch so weit sein, dass Elektroautos schon in der Anschaffung billiger sind als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Bereits heute kann elektrisches Autofahren billiger sein als konventionelles, in den meisten Fällen allerdings nur, wenn man neben dem Kaufpreis auch die laufenden Kosten berücksichtigt. Diese können bei Elektroautos niedriger sein, unter anderem weil weniger Wartungsarbeiten und Verschleiß-Reparaturen anfallen.

Doch auch die Anschaffungskosten sinken laut BNEF mittlerweile rapide und werden weiter zurückgehen. Seit 2010 seien die durchschnittlichen Kosten für eine Kilowattstunde an Lithium-Ionen-Akkus bereits um 85 Prozent gefallen, erreicht durch eine Mischung aus Skaleneffekten und technischen Verbesserungen. Auf der Ebene fertiger Akkupacks gibt BNEF den Preis pro Kilowatt für 2018 mit durchschnittlich 176 Dollar an.

In den 2020er Jahren soll die Elektrifizierung dank der niedrigeren Kosten deshalb richtig in Gang kommen, sagt BNEF voraus. "Wir sehen eine reale Möglichkeit, dass die globalen Verkäufe von konventionellen Personenwagen ihren Höhepunkt bereits überschritten haben", wird in einer Pressemitteilung Colin McKerracher zitiert, Leiter Advanced Transport bei dem Analysehaus. Womöglich würden sie sich nie mehr richtig erholen, falls nicht das Wachstum bei Elektroautos nachlasse oder ein großes Land wie China bedeutende Konjunkturprogramme dafür auflege.

Elektroautos in Deutschland (70 Bilder)

Volkswagen liefert seit September 2020 mit dem ID.3 den ersten Elektro-Pkw seiner Großoffensive auf dem E-Sektor aus.
(Bild: heise Autos)

Einstweilen aber führt China stattdessen die Entwicklung bei Elektroautos an, was laut der Studie vorerst auch so bleiben dürfte. Im Jahr 2025 sollen 48 Prozent aller Passagier-Elektroautos weltweit in dem riesigen kommunistischen Land verkauft werden, selbst 2040 rechnet BNEF noch mit einem China-Anteil von 26 Prozent – andere Märkte holen also auf. Allerdings werde die Elektrifizierung in anderen Schwellenländern als China relativ langsam verlaufen, was auf eine Fragmentierung des globalen Automarktes hinauslaufe.

Insgesamt wurden laut BNEF im vergangenen Jahr weltweit 2 Millionen E-Personenwagen verkauft, 2030 sollen es 28 Millionen sein und 2040 dann 56 Millionen. Die Verkäufe konventioneller Pkw sollen von 85 Millionen in 2018 bis 2040 um mehr als die Hälfte auf 42 Millionen zurückgehen.

Damit seien die Prognosen von BNEF bezüglich Elektroautos mit die optimistischsten. Allerdings hätten auch viele andere Organisationen ihre Prognosen zu diesem Thema in den vergangenen drei Jahren mindestens einmal nach oben korrigiert.

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Als anhaltende Herausforderung für die Verbreitung von Elektroautos nennt BNEF die Ladeinfrastruktur. Zwar habe es 2018 weltweit bereits 630.000 öffentliche Ladepunkte gegeben, doch um eine wachsende E-Flotte zu versorgen, müssten noch weitaus mehr davon gebaut werden. Zudem gebe es noch immer keine Technologie, die das Laden von Elektroautos so schnell mache wie das Betanken von Verbrenner-Fahrzeugen.

Aus diesem Grund würden Personen mit der Möglichkeit zum Laden zuhause weitaus schneller auf elektrisches Fahren umsteigen als andere. Wenn diese Einschränkung technisch oder politisch behoben werde, könne die Verbreitung von Elektroautos schneller ablaufen als in der aktuellen Studie angenommen.

Bei den Kosten für Batteriepacks geht BNEF davon aus, dass sie von derzeit 176 Dollar pro Kilowattstunde auf nur noch 87 Dollar in 2025 und 62 Dollar in 2030 fallen werden. Die jährliche Produktion soll ab 2025 die Marke von 1 Terawattstunde Kapazität pro Jahr überschreiten. Kurzfristige Versorgungsprobleme sehen die Marktforscher dabei nicht: Die Belieferung mit Lithium erscheine bis mindestens Mitte der 2020er Jahre gesichert, bei Kobalt und Nickel allerdings müssten dafür neue Kapazitäten erschlossen werden.

(sma)