Verstecken als Lösung?

Forschung: CO2-Speicherung im Meeresboden

Ein Team internationaler Forscher untersucht in der Nordsee Chancen und Risiken, Kohlendioxid im Meeresboden zu lagern. Doch die Idee ist nicht unumstritten - ganz im Gegenteil

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Von
  • Martin Franz

Es ist die vermutlich älteste Kritik am Elektroauto: Der CO2-Ausstoß werde nur lokal verschoben, sonst ändere sich nichts. Das ist natürlich aus vielerlei Gründen Unsinn, denn mit der Verschiebung des Strommixes wird ein E-Auto gewissermaßen jeden Tag etwas weniger umweltschädlich, nicht nur bezogen auf CO2. Die Abgasnachbehandlung ist einem Kohle- oder Gas-Kraftwerk durch die weitgehend konstanten Bedingungen sehr viel effizienter als im Pkw mit Verbrennungsmotor. Jede noch so kleine Verbesserung in einem Kraftwerk hat zudem einen riesigen Hebel. Die Entscheidung der Bundesregierung, noch bis zum Jahr 2038 auf Kohle als Energieträger zu setzen, befördert dennoch Ideen, wie man die vorhandenen Kraftwerke mit fossilen Brennstoffen weniger umweltschädlich betreiben könnte.

Tiefe Lager

Ein Team internationaler Forscher untersucht in der Nordsee Chancen und Risiken, Kohlendioxid im Meeresboden zu lagern. Da Wissenschaftler in naher Zukunft keine signifikante Senkung des CO2-Ausstoßes erwarten, suchen sie nach alternativen Lösungen. Eine Idee kommt dabei immer mal wieder ins Spiel. CO2 soll aus den Abgasen von Kraftwerken getrennt und anschließend in einem unterirdischen Speicher dauerhaft gelagert werden.

Das größte CO2-Speicherpotenzial in Europa liegt in der Nordsee in tiefen, unter dem Meeresboden gelegenen geologischen Formationen. Doch die Suche nach Gas- und Ölvorkommen hat den Meeresboden porös gemacht, da die Sedimente während des Bohrens mechanisch gestört und geschwächt wurden. Dort tritt aus Gas-Lecks jetzt schon Methan aus.

Wird sauer

Durch die Leckagen kann aber auch das Treibhausgas wieder ausströmen. Wissenschaftler haben daher in einem Feldversuch erforscht, was in solchen Fällen mit dem CO2 passieren kann. Sie ließen mitten in der Nordsee zwischen der Nordspitze Schottlands und der Südspitze Norwegens einen Tauchroboter zum Grund hinab. Dort blies er in 82 Metern Tiefe kontrolliert CO2 ins Wasser. Das Ergebnis: Die CO2-Gasblasen lösten sich innerhalb von zwei Metern über dem Meeresboden vollständig auf. Daher wurde CO2 nicht in die Atmosphäre abgegeben, sondern blieb in der Nordsee.

Wenn Kohlendioxid sich auflöst, verändert sich allerdings der pH-Wert, das Wasser wird saurer. „Diese Versauerung des Bodenwassers wirkt sich nachteilig auf die am Meeresboden lebenden Organismen aus“, erklärte Projektleiter Prof. Klaus Wallmann. „Aber die dort vorhandenen starke Bodenströmungen verteilen das gelöste CO2 rasch, sodass diese Fläche am Meeresboden, auf der potenziell schädliche Auswirkungen auftreten können, gering ist.“

„Wir kommen daher vorläufig zu dem Schluss, dass es möglich ist, CO2 sicher in Formationen unter dem Meeresboden zu speichern, wenn sich der Speicherort in einem Gebiet mit wenigen undichten Bohrlöchern befindet“, lautete das Fazit von Prof. Wallmann. Derzeit sind Kieler Wissenschaftler für ein zweites Freisetzungsexperiment in der Nordsee unterwegs, wie Geomar-Sprecher Andreas Villwock sagte. Doch die Kieler Landesregierung hat sich längst gegen die Speicherung von CO2 in Schleswig-Holstein ausgesprochen, wie Patrick Tiede vom Umweltministerium mitteilte. Das gilt laut Gesetz auch für die Küstengewässer von Nord- und Ostsee. Dahinter steckt vermutlich die Überzeugung, dass die verbliebenen, fossile Brennstoffe besser ungenutzt bleiben, statt sich Gedanken darüber zu machen, wie man ihre Hinterlassenschaften versteckt.

(mit Material der dpa) (mfz)