Studie: CO2-Ausstoß von Bitcoin-Mining über dem von Jordanien

Das Bitcoin-Mining wird oft als Verschwendung und Umweltsauerei kritisiert. Eine neue Studie versucht, Strombedarf und den CO2-Ausstoß zu ermitteln.

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Kohlekraftwerk

Das Computernetzwerk hinter Bitcoin braucht Unmengen von Energie.

(Bild: dpa, Julian Stratenschulte)

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Das Mining der Kryptowährung Bitcoin soll laut einer Studie von drei Wissenschaftlern der TU München für einen jährlichen Ausstoß von 22 bis 22,9 Millionen Tonnen Kohlendioxid (CO2) sorgen. Der Ausstoß liege damit zwischen dem von Jordanien und Sri Lanka oder etwa einer Großstadt in einem hochentwickelten Industrieland wie etwa Hamburg. Zugrunde liegt dem ein Energieverbrauch von 45,8 Billionen Wattstunden pro Jahr, den die Forscher mit Stand vom November 2018 ermittelt haben.

Bitcoin-Mining ist der Mechanismus, mit dem das dezentrale Netzwerk der Kryptowährung Transaktionen verarbeitet. Die Transaktionen werden in durch Prüfsummen abgesicherte Blöcke der verteilten Datenbank Blockchain eingetragen – und das Recht auf Erzeugung eines neuen Blocks wird durch ein Hashwertpuzzle verteilt, an dem weltweit Rechner teilnehmen können. Wer erfolgreich den nächsten Block mit gültigem Hashwert ans Netzwerk propagiert, darf dafür aktuell eine Belohnung von 12,5 Bitcoin einstreichen. So wird dann auch gleichzeitig die Schöpfung neuen Geldes erledigt. Die Belohnung wird in regelmäßigen Abständen halbiert, bis die definierte Geldmenge von 21 Millionen Bitcoin erreicht ist.

Zudem passt sich auch die Schwierigkeit der Berechnung rund alle 14 Tage der zum Mining versammelten Rechenleistung an. Hier hat sich in den letzten Jahren eine regelrechte Rüstungsspirale der Mining-Hardware ereignet – von CPU über GPU über FPGAs bis hin zu aktuell ASIC-basierten Schürfrechnern, die dank immer effizienterer Generationen schnell veralten. Hashingleistung, Schwierigkeit des Rätsels und damit wohl auch der Energiehunger sind erheblich gestiegen. Mining lohnt sich da praktisch nur im großen Stil eines Rechenzentrums beziehungsweise in einem Miningpool genannten Rechnerverbund.

Ein Überblick zu Stromverbrauch und Umweltbelastungen durch den Bitcoin ist da natürlich wünschenswert, um sachlich über Kosten und Nutzen des Kryptogelds diskutieren zu können. Genau dazu wollen die Forscher mit ihrer in der Fachzeitschrift Joule veröffentlichten Studie auch beitragen. Das Problem ist bei solchen Studien aber: Wo die Miner sitzen, welche Geräte die Leistung liefern und aus welchen Quelle sie Strom dafür beziehen, das weiß niemand so genau.

Hier bleiben nur Schätzverfahren: Das Forscherteam zog unter anderem für Börsengänge eingereichte Unterlagen der Hardware-Hersteller Bitmain, Ebang und Canaan zu Rate, um Marktanteile zu ermitteln und so Rückschlüsse auf verwendete Hardware zu ziehen. Um zu abschätzen, wie sehr im großen oder kleinen Stil geschürft wird, wurden die Verteilungsstatistiken in den großen Miningpools wie Slushpool untersucht. Rund zwei Drittel der Leistung stammten wohl aus großen Miningfarmen, bei denen auch Faktoren wie Kühlung in die Berechnung des Energiebedarfs einbezogen wurden.

Für die Frage in welchen Ländern die Miner sitzen könnten, griff das Forscherteam auf IP-Adressen zu. Die stammten von Mining-Pool-Servern, aktiven Mining-Rechnern sowie von Knoten des Bitcoin-Netzwerks, die zuerst neue Blöcke propagierten. Das schaffte ein relativ uneinheitliches Bild: Laut Pool-Analyse dürften 68 Prozent der Minerleistung aus Asien kommen, vor allem China. 17 Prozent stammten aus Europa, 15 Prozent aus Nordamerika. Die Ermittlung von ASIC-Minern über die IoT-Suchmaschine Shodan wiederum erbrachte rund 2200 Bitmain-Rechner, die sich etwa zu 19 Prozent in den USA, zu 16 Prozent in Venezuela und nur zu 4 Prozent in China verteilten.

Dennoch errechneten die Forscher auf Basis des Strommixes in den mehr oder minder sicher festgestellten Heimat-Ländern schließlich einen CO2-Fußabdruck. In China wurde zum Beispiel auch berücksichtigt, dass rund die Hälfte der Miner im an Wasserkraft reichen Süden schürft, die andere Hälfte im eher mit Kohlekraft versorgten Norden. "Das CO2-Äquivalent des Bitcoins liegt damit in der Liste der globalen Emittenten zwischen Rang 82 und 83“, erklärt Christian Stoll, einer der Autoren der Studie. „Auch wenn es bedeutendere Faktoren für den Klimawandel gibt: Der CO2-Fußabdruck ist so groß, dass er Anlass genug bietet, um über die Regulierung von Krypto-Mining an Standorten mit CO2-intensiver Stromproduktion zu diskutieren“, so Stoll.

Stoll plädiert dafür, Mining-Anlagen vor allem in Gegenden zu verlagern, in denen genügend Strom aus erneuerbaren Energien vorhanden ist. Ein weiterer Ansatz wäre, einen anderen Mechanismus an die Stelle des Arbeitsbeweises (Proof-of-Work) beim Mining zu setzen. Die zweite große Kryptowährung Ethereum hat sich genau dies auf die Fahnen geschrieben, der direkte Einsatz von Kryptogeld soll die Arbeit der Schürfrechner ersetzen (Proof-of-Stake). Doch die Einführung des Verfahrens wurde bereits mehrfach verschoben. Und in der Bitcoin-Szene spielt diese Debatte keine große Rolle, wohl auch, weil sie konträr zu den wirtschaftlichen Interessen der Miner liegt. (axk)