Voll transparent

Wenn der Verkehrsminister ankündigt, etwas offen legen zu wollen, sollte man auf das Kleingedruckte achten.

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Frage: Was ist ein Scheuer? Antwort: Das Maß an Transparenz, das gerade noch ausreicht, um einen Untersuchungsausschuss zu vermeiden. Scheuer? Ja, der Scheuer, seines Zeichens "Verkehrsminister", hauptsächlich zuständig für rollendes Blech aller Art, hat auf Druck der Opposition jetzt bekannt gegeben, die Verträge zur gescheiterten PKW-Maut nun doch offenzulegen – und zwar "vollständig und ohne Schwärzungen"

Der Vertragstext könnte einiges an politischem Sprengstoff enthalten, denn die Opposition und auch die mitregierende SPD kritisieren jetzt, dass Scheuer mit den Verträgen Fakten geschaffen habe, obwohl er wusste, dass eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof läuft. Damit sei er bewusst das Risiko eingegangen, dass die Mautbetreiber jetzt Entschädigungsansprüche gegen den Bund geltend machen können. Auch ohne solche hypothetischen Ansprüche ist die Geschichte nicht billig: Wie verschiedene Medien, wie etwa die taz berichten, hat die gescheiterte Pkw-Maut den Bund bereits jetzt 53,6 Millionen Euro gekostet.

Aber der Verkehrsminister wäre nicht der Verkehrsminister, wenn er den Vertragstext den Abgeordneten des Bundestages einfach schicken würde. Nein, die Verträge werden in der Geheimschutzstelle des Bundestages ausgelegt. Schließlich müssen die Geschäftsgeheimnisse der Vertragspartner geschützt werden. Die Verträge dürfen von den Abgeordneten eingesehen werden – Kopien oder auch nur schriftliche Notizen dürfen aber nicht gemacht werden. Die technischen Einzelheiten sind geregelt in der so genannten Geheimschutzordnung.

Eigentlich ist die Konsequenz aus diesem Desaster glasklar: Solche Verträge müssen offen gelegt werden. Wer Geschäfte mit allen Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes machen will, muss auch allen Rede und Antwort stehen – und ihnen klar machen, dass dabei niemand über den Tisch gezogen wird.

Ich fürchte allerdings, es wäre zu kurz gegriffen, diesen Vorfall als Argument für offene Daten in der Regierungsarbeit zu verwenden. Eine Bürokratie, die Eigeninteressen verfolgt, wird immer Mittel und Wege finden, diesen Umstand zu verchleiern. Bereits 1754 beklage Jean-Jaques Rousseau in seinem "Diskurs über die politische Ökonomie": Alle Bücher und Abrechnungen der Verwalter dienen weniger der Aufdeckung ihrer Treuebrüche als zu deren Vertuschung; und die Klugheit kann niemals so rasch neue Vorkehrungen ersinnen, wie die Schurkerei sie zu umgehen vermag".

(wst)