KI: Je mehr Autonomie, desto mehr Skepsis

Ob im Smart Home, TV oder Auto, überall steckt KI drin. Die Nutzer wissen das zu schätzen, begrüßen den Einsatz der Künstlichen Intelligenz aber nicht überall,

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KI: Die Moral der Maschinen

(Bild: Pixabay, Gerd Altmann)

Lesezeit: 4 Min.
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KI ist neben 5G eines der großen aktuellen Themen: Kaum ein Gerät, das dank maschineller Hilfe nicht noch schlauer, noch besser, einfach noch nocher wird. Deshalb steht die Künstliche Intelligenz nicht zufällig im Mittelpunkt des Media Briefings zur IFA 2019.

Wenn man genauer hinschaut, handelt es sich bei der vielzitierten KI allerdings häufig um eher simples maschinelles Abarbeiten von riesigen Datenmengen, mithin um keine besondere Eigenintelligenz. Die Abgrenzung zwischen maschinellem Lernen und echter künstlicher Intelligenz fällt da oft schwer.

Hans-Joachim Kamp, Aufsichtsratsvorsitzender der Gesellschaft für Konsumgüter (gfu) stellte in Berlin eine Studie der gfu zum Thema KI vor. Darin gaben die meisten Befragten an, den Begriff "KI" zu kennen und der Künstlichen Intelligenz in vielen Bereichen sehr positiv gegenüberzustehen. So gaben 80 Prozent der Befragten an, KI bereits für die Verkehrsleitung zu nutzen oder nutzen zu wollen – wer mit dem Auto unterwegs ist, weiß beispielsweise die Stauwarnungen von Google zu schätzen. Auch für die Sprachsteuerung – Alexa, Siri & Co. lassen grüßen –, für die Steuerung von Hausgeräten im Smart Home und bei medizinischen Anwendungen begrüßt die Mehrzahl der Befragten den KI-Einsatz.

Hans-Joachim Kamp und Judith Rakers diskutieren in Berlin über den Nutzen von KI.

(Bild: Ulrike Kuhlmann, c't magazin)

Anders sieht es allerdings beim autonomen Fahren aus: Hier sehen 56 Prozent der Befragten den Einsatz von KI skeptisch. Wie erwartet stehen jüngere Nutzer dem Einsatz von KI deutlich positiver gegenüber als die Befragten über 60 Jahre. Bedenken bestehen vor allem beim Schutz der Privatsphäre, außerdem befürchten 59 Prozent der Befragten, dass die Technik noch nicht ausgereift ist, 56 Prozent sehen die umfassende Kontrollmöglichkeit durch KI kritisch.

Insgesamt stehen die Nutzer den Möglichkeiten durch KI dennoch eher positiv gegenüber. So verbindet mehr als die Hälfte der Befragten mit dem Einsatz von KI eine Erleichterung des Arbeitsalltags und sie rechnen mit der Erschließung neuer Märkte. Zugleich befürchten 64 Prozent aller Befragten, dass der Einsatz intelligenter Maschinen zum Abbau von Arbeitsplätzen führt.

Aus Sicht der Göttinger Ethik-Professorin Dr. Catrin Misselhorn gibt es trotz aller Bedenken viele gewichtige Argumente für den Einsatz von KI. So entscheiden Maschinen nie unmoralisch und nie aus Eigennutz – was beim Menschen nicht immer der Fall ist.

Die im Bereich Maschinenethik als Schnittstelle zwischen Robotik, Informatik und Ethik forschende Professorin nannte auf dem IFA-Briefing in Berlin allerdings auch gewichtige Gründe, die gegen den vorbehaltlosen Einsatz von KI sprechen. So dürfe die menschliche Autonomie und Würde nicht beeinträchtigt werden, was etwa in der Pflege Thema ist: Wie häufig und wie eindringlich sollte beispielsweise ein Pflegesystem einen pflegebedürftigen Menschen an Essen und Trinken erinnern?

Dr. Catrin Misselhorn hält die Entscheidung über Leben und Tod beim autonomen Fahren für ein unlösbares Dilemma, das man nicht der KI überlassen sollte

Auch im vieldiskutierten Bereich autonomes Fahren sieht Misselhorn Probleme, weil es dort häufig nicht um allgemeine Entscheidungen geht, sondern ein ethisches Dilemma aufgelöst werden muss. So etwas lasse sich nicht institutionalisieren, sondern müsse im Einzelfall vom Menschen entschieden werden, mahnte die Ethik-Professorin.

Auf die Frage von Moderatorin Judith Rakers, wo denn die Grenze zu ziehen sei, ab wann eine Maschine nicht mehr selbst bestimmen sollte, fiel die Antwort Misselhorns klar aus: Sobald es um Entscheidungen auf Leben und Tod gehe, dürfe man diese nicht der Maschine überlassen. Derartige Aspekte könnten auch die in der gfu-Studie Befragten intuitiv dazu bewogen haben, den Einsatz von KI zumindest in Teilen sehr kritisch zu sehen. (uk)