Alles von vorn

Fahrbericht: BMW 118d

Der neue BMW 1er ist ein gutes Auto geworden. Ein besonderes ist die dritte Generation, bezogen auf bisherige Stärken, nicht mehr. Das Segment ist mit der Umstellung auf Frontantrieb um einen Charakterkopf ärmer geworden, wie der 118d im Fahrbericht zeigt

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BMW 1er (F40) 16 Bilder
Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Martin Franz
Inhaltsverzeichnis

Es ist ein bisschen, als wenn ein guter Freund gegangen ist. Einer, mit dem man auf Rockkonzerten war und nachts um die Häuser gezogen ist. Er pflegte das Anderssein, nahm dafür in Kauf, nicht jedermanns Liebling sein zu können. Vorbei: Nun laufen auf kleinen Breitbandlautsprechern in gemäßigter Lautstärke ausschließlich die Nummer-1-Hits der 70er, 80er und 90er, in Gesprächen geht es hauptsächlich um Gesundheits- und Altersvorsorge. Wie konnte es nur so weit kommen?

Warum?

Der 1er war immer auch ein bisschen Rebell. Die dritte Generation ist kein schlechtes Auto, wie eine erste Ausfahrt mit dem 118d zeigt. Doch das Flair des Besonderen ist dahin. Die Entscheidung, den Hinterradantrieb im 1er zu beerdigen, fiel naheliegenderweise vor langer Zeit. BMW hatte dafür eine Reihe von Gründen: Die dritte Generation kann so die Plattform nutzen, auf der auf die Minis, BMW X1 und X2 sowie die Vans basieren. Das spart Kosten in Entwicklung und Produktion. Im Münchener Hochhaus hat man zudem Leuten Glauben geschenkt, die meisten BMW-Fahrer wüssten nicht, welche Achse angetrieben wird. Ein Großteil der 1er wurden ohnehin mit Vierzylindern bis 150 PS gekauft.

Die Umstellung auf Frontantrieb und quer eingebaute Motoren beseitigt außerdem eine Schwäche, die BMW in der Vergangenheit bewusst in Kauf nahm: Das Platzangebot war stets spärlicher als bei vergleichbar großen Autos. Der Neue ist kein Raumwunder, doch der Zuwachs ist deutlich zu spüren: Hinten gibt es mehr Bewegungsfreiheit, zudem ist der Einstieg nun bequemer. Auch der Kofferraum wächst um 20 auf nun 380 Liter. Damit erreicht der 1er das Format des VW Golf (Test). Neu ist im 1er eine motorisierte Heckklappe, für die der Kunde zusätzlich zur Kasse gebeten wird.

Bisher mussten die Kunden für die fahrdynamischen Vorteile des Hinterradantriebs Nachteile wie die einschränkte Wintertauglichkeit und eben ein vergleichsweise spärliches Platzangebot hinnehmen. Im Gegenzug bekamen sie, was anderswo nicht zu haben war: eine präzise, direkte Lenkung ohne Antriebseinflüsse, gepaart mit einer knackigen Fahrwerksabstimmung. Das alles wirkte wie aus einem Guss. Wer Autofahren mehr als Lust denn als Last empfindet, fand hier einen ungewöhnlich guten Mitspieler.

Hinab

Das ist vorbei, wobei BMW im neuen 1er das alles für sich betrachtet nicht schlecht gelöst hat. Das Fahrwerk ist straff, aber nicht unsensibel. Auch die Lenkung ist bei gemäßigter Fahrweise gar nicht übel. Doch wer den 1er flott um Kurven treibt – für den Vorgänger eine Paradedisziplin – wird nun feststellen, dass trotz fühlbarer Dämpfung Antriebseinflüsse in der Lenkung zu spüren sind. BMW hat sich in dieser Hinsicht also auf das Niveau der Konkurrenz hinabbegeben.

Der Motor des 118d ist aus dem Vorgänger bekannt, wurde allerdings leicht überarbeitet. Die Leistung blieb mit 150 PS gleich, das Drehmoment wuchs aber von 320 auf 350 Nm. Im Testwagen war die Achtgang-Automatik eingebaut, die hier optional, im 120d serienmäßig ist. In den schwächeren Modellen wird ein Doppelkupplungsgetriebe mit sieben Gängen angeboten. Das Zusammenspiel von Motor und Getriebe gleicht im 118d dem X2 20d (Test): Die Getriebesteuerung hat ein gutes Händchen für den Zeitpunkt eines Gangwechsels, der allerdings nicht ganz so unmerklich und geschmeidig geschieht wie bei der Achtgang-Automatik von ZF, die BMW in Modellen mit Hinterradantrieb einsetzt.