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Fahreindruck Mercedes AMG A45 S

Um ein Auto wie den neuen Mercedes AMG A45 S fahren zu können, hätte man vor einigen Jahren noch eine Rennlizenz gebraucht. Nicht einmal die Rallyeautos in der WRC hatten derart viel Leistung. Den frisierten Kompakten konnten wir jetzt erstmals kurz ausprobieren.

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Fahrbericht Mercedes AMG A45 S 15 Bilder
Lesezeit: 4 Min.
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  • Mit Material von Stefan Grundhoff; press-inform

Nicht einmal die Rallyeautos in der WRC hatten derart viel Leistung wie der neue Mercedes AMG A45 S 4matic. Der frisierte Kompakte sucht mit Torque Vectoring ziemlich erfolgreich Anschluss an eine Querdynamik wie in Autos mit primärem Standardantrieb. Eine erste Probefahrt.

Nicht, dass man der AMG A-Klasse bisher ein nennenswertes Leistungsdefizit hätte bescheinigen können. Zudem es mag dahingestellt sein, ob ein Auto der Kompaktklasse 421 PS benötigt. Aber ein beeindruckendes Erlebnis ist es auf jeden Fall, diesen Wagen einmal zu bewegen.

Als die erste Generation der AMG-A-Klasse im März 2013 auf dem Genfer Automobilsalon stand, waren ihre 360 PS aus einem zwei Liter großen Vierzylinder, kombiniert mit Allradantrieb und Doppelkupplungsgetriebe unerhört, nicht nur in der deutschen Premium-Kompaktklasse. Neu war am A45 AMG (Test) auch die bis dahin unerreicht mühelos erscheinende Fahrdynamik trotz des primären Frontantriebs aufgrund des quer eingebauten Motors.

Abarbeiten am Frontantrieb

Sechs Jahre später setzt sein Nachfolger noch einen drauf. Der zwei Liter große Vierzylinder mit Turbolader wurde stark überarbeitet und ist nun obligatorisch an Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe und den variablen Allradantrieb gebunden. Ein neu konstruiertes Hinterachsdifferenzial soll nun die Motorleistung noch schneller und wirkungsvoller als bisher zwischen den beiden Hinterrädern verteilen. Duch das damit mögliche Eigenlenken der Hinterachse soll eine Charakteristik nahe eines Allradlers mit primärem Standardantrieb, wie etwa einem Mercedes C43 AMG (Test) und ein weiter verbessertes Handling erreicht werden.

Das kräftigste aller A-Klasse-Modelle ist mit 421 PS (310 kW) und 500 Nm maximalem Drehmoment nichts für schwache Gemüter. Zurückhaltung funktioniert nicht mit seinem Spoilerornat, den dicken Radhausbacken, 19-Zöllern und zwei doppelläufigen Endrohren mit jeweils 90 Millimetern Durchmesser. Ein dezenter Auftritt sieht anders aus, dazu kommt ein etwas zu wilder Sound: Spätestens auf gleichmäßig gefahrenen Landstraßen- oder Autobahnetappen ist das sonore Brummen selbst bei nicht aktiviertem Sportmodus (von denen es gleich mehrere gibt) etwas nervig, es tönt allzu präsent.

Daran, dass der Fahrspaß mit dem Fünftürer aus Affalterbach noch größer ist als beim Vorgänger, hat das der Motor einen nennenswerten Anteil. Der Unterschied zum A45 ist jedoch gering im Vergleich zum Fortschritt beim Antrieb. Wir behaupten sogar, dass der Unterscheid zum A45 mit 387 PS (285 kW) eher eine Prestigesache ist als ein entscheidender Charakterunterschied. Sehr eindrücklich verbessert das neue Hinterachsgetriebe mit getrennten Lamellenkupplungen das Erlebnis, weil es in Kuven das Raddrehmoment spürbar variabel zwischen links und rechts verschiebt. Das Einlenken fühlt sich so fast intuitiv an und bleibt jederzeit berechenbar für den Fahrer.

Unbegreifliches Gewicht

Dabei ist dem fast unbegreifliche 1,6 Tonnen schweren Energiebündel seine bauartbedingte Frontantriebscharakteristik durchaus noch anzumerken: Es dauert je nach Fahrmodus, Tempo und Kurvenradius einen winzigen Moment, bis die Kraft sich nach hinten verteilt hat. Zudem ist die Lenkung wegen des Frontantriebs stärker gedämpft als in einem Sortwagen mit klassischem Standardantrieb. Dass der A45 S darüber hinaus spürbar kein Leichtgewicht ist, ändert am Fahrspaß zum Glück eher wenig.

Das Fahrwerk profitiert von der abermals verbesserten Steifigkeit einzelner Komponenten vor allem in seiner Präzision. Unerbittlich arbeiten die gut dosierbaren Bremsen und zeigen auf der Landstraße auch keinerlei Ermüdungserscheinungen. Bei allen Längs- und Querbeschleunigungen übertragen die bewährten Michelin Pilot Sport auf 19-Zoll-Felgen sicher die Momente. Die Qualitäten der Sportsitze zeigen sich bei den möglichen, hohen Kurvengeschwindigkeiten – sie sind exzellent wie die im Vorgänger.

Der Preis für den Mercedes AMG A45 steht noch nicht fest; dürfte jedoch nennenswert über dem des AMG A35 liegen, der bei knapp unter 50.000 Euro startet. Das 421 PS starke Topmodell dürfte schnell die 60.000-Euro-Marke überschreiten. (fpi)