Wie sich Nahrungsmittelknappheit trotz Klimawandel bekämpfen lässt

Die Landwirtschaft muss zur CO2-Absenkung beitragen. Doch wie kann das gelingen, wenn immer mehr Menschen ernährt werden müssen?

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Wie sich Nahrungsmittelknappheit trotz Klimawandel bekämpfen lässt

(Bild: Photo by Joel Vodell on Unsplash)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • James Temple

Populationsforscher schätzen, dass bis 2050 drei Milliarden Menschen mehr auf dem Planeten leben könnten. Der Bedarf an Nahrung – und der Fläche und Energie, um sie zu produzieren – könnte enorm zunehmen.

Doch wenn die Welt es nicht schafft, mehr mit weniger zu erzeugen, müssten wir wohl fast zwei indische Subkontinente große Flächen mit Wald, Graslandschaften und anderen Ökosystemen roden, um auf diesen Landwirtschaft zu betreiben. Das geht aus einer neuen Studie hervor, die das World Resources Institute (WRI) durchgeführt hat und von der Weltbank und den Vereinten Nationen in Auftrag gegeben wurde.

Doch bei dem enormen Flächenverbrauch bliebe es nicht: Auch der CO2-Ausstoß und äquivalente Klimagase würde um mindestens 15 Milliarden Tonnen ansteigen. Die allerhöchstens erlaubten 4 Milliarden Tonnen, die laut Modellrechnungen die globale Erwärmung auf unter 2 Grad Celsius beschränken könnten, wären unerreichbar.

Die WRI-Studie fand weiterhin heraus, dass der globale Gesamtbedarf an Nahrungsmitteln bis zur Jahrhundertmitte um 50 Prozent zunehmen könnte, die nach Produkten wie Fleisch, Milch und Eiern aber gar um 70 Prozent. Die Erzeugung dieser 7400 Billionen zusätzlichen Kalorien würde ohne Effizienz- und Ertragsteigerungen, wie es sie in der Vergangenheit gab, 600 Millionen zusätzliche Hektar für die Landwirtschaft benötigen.

Um das Problem zu bekämpfen, machten die Forscher 22 Zielvorschläge und legten zehn spezifische technische Verfahren vor, die den landwirtschaftlichen Output steigern könnten, und dabei klimafreundlich bleiben.

Die einfachsten Ideen betreffen die Einschränkung von Verlusten und Abfall im Nahrungsmittelbereich, die Steigerung der Pflanzfrequenz, den Schutz von Torflandschaften, die enorme Mengen CO2 in die Luft abgeben, wenn sie zu Farmland werden, die Reduzierung von Methanausstößen durch Weidetiere und ein Ende der Klimaverschmutzung durch Düngemittel, die für fast 20 Prozent der landwirtschaftlichen CO2-Belastung stehen.

Aber auch die technischen Vorschläge sind interessant. Diese lauten:

1. Nutzung von Geneditierungswerkzeugen wie CRISPR, um Eigenschaften von Pflanzen zu erschließen, die Erträge steigern.

2. Der Umstieg auf pflanzenbasierte Fleischersatzprodukte wie jene von Impossible Foods oder Beyond Meat.

3. Die Nutzung von nichttoxischen Sprühfilmen und anderen Verfahren, die Nahrung länger haltbar macht – man kennt sie von Firmen wie Apeel Science.

4. Der Wechsel auf Reissorten, die den Methanausstoß bei der Pflanzung reduzieren.

5. Der Einsatz von Wirkstoffen, die dafür sorgen, dass Düngemittel aus Bodenorganismen kein Lachgas entstehen lassen, ein hochpotentes Klimagas.

6. Das Verfüttern von Nahrungsmitteln an Kühe, die deren Methanemissionen reduzieren. Das niederländische Konglomerat DSM macht hier erste Angebote.

7. Die Entwicklung von Getreidesorten, die mehr Stickstoff absorbieren können.

8. Die Nutzung algenbasierter Fischfuttermittel, damit Wildfische nicht mehr zur Verfütterung auf Fischfarmen verwendet werden müssen.

9. Die Verwendung von Solarenergie zur Produktion von Wasserstoff in Stickstoff-basierten Düngemitteln.

10. Die Nutzung von ertragreichen Palmölbäumen, damit weniger Waldfläche durch deren Anbau verloren geht.

Die Vorschläge sind sicher sinnvoll, zeigen aber einen Riss, der durch die Landwirtschaft geht. Bisherige Konzepte einer nachhaltigen Nahrungsmittelwirtschaft generieren dank biologischem Anbau und anderen Verfahren oft weniger Ertrag. Aus einer Klimaperspektive ist dies aber nicht sinnvoll, denn hier sollte so viel Nahrung pro Flächeneinheit produziert werden wie möglich – damit der Flächenverbrauch insgesamt im Rahmen bleibt.

Damit das alles klappt, müssen neue technische Verfahren her. Nur dann können wir unseren Planeten so ernähren, dass uns nicht der Klimakollaps droht.

(bsc)