Baden gehen mit dem Elektrogolf
Volkswagen hat einen eigenen Carsharing-Dienst fĂĽr E-Autos aufgebaut. Unser Autor hat sich damit aus Berlin herausgewagt.
Die spannendste Zahl steht unten links: die Reichweite.
- Christian Honey
Jetzt an den See! Wer kein Auto hat, muss den überhitzten Nahverkehr nehmen oder sich einen Wagen mieten. In Berlin gibt es seit Ende Juni das Angebot WeShare der VW-Tochter UMI mit 1500 e-Golf. Bis Ende des Jahres sollen 500 elektrische Up hinzukommen, bis Mitte 2020 die ersten ID.3 von VW sowie weitere Städte. Klimafreundlich zum Lieblingssee? Das probiere ich aus!
Die Registrierung läuft über die App. Zunächst brauche ich eine zentrale Volkswagen-ID. Dann E-Mail bestätigen, Geschäftsbedingungen akzeptieren, Handynummer zur PIN-Verifikation angeben. Jetzt noch Kreditkarte, Perso und Führerschein mit der App fotografieren und zwei Selfies machen. Diese werden an die Identity Trust Management AG weitergeleitet, sollen nach sieben Tagen aber wieder gelöscht werden. Das Ganze dauert etwa 15 Minuten.
Dann kann ich auf einer Karte die Standorte der e-Golf in meinem Kiez sehen, einschlieĂźlich Entfernung, Ladestand und Reichweite. Mein Lieblingssee ist circa 50 Kilometer entfernt. Also reserviere ich einen Wagen mit 61 Prozent Ladung. Das soll fĂĽr rund 145 Kilometer reichen. Jetzt bleiben 15 Minuten, um zum Wagen zu laufen. Danach mĂĽsste ich erneut reservieren.
Angekommen, schließe ich den silbernen e-Golf mit der App auf. Eine Bluetooth-Verbindung ist nicht nötig. Stattdessen nutzt WeShare die Geodaten des Handys und des Wagens. Die werden übrigens laut AGB bei Abfahrt, Zwischenhalten und Abgabe des Fahrzeugs erhoben, an Google weitergeleitet und fünf Jahre gespeichert.
Weil der Innenraum einem Dampfkessel gleicht, stelle ich sofort die Klimaanlage an. Nach 200 Metern Fahrt ist die Reichweite schon auf 141 Kilometer geschrumpft – möglicherweise wegen der Klimaanlage. Etwa zwei Drittel der Strecke fahre ich mit 120 bis 130 Kilometern pro Stunde über die Autobahn. Nach exakt 47 Kilometern komme ich am See an. Laut App bleibt mir eine Restreichweite von 60 Kilometern, 40 weniger als vorhergesagt – wegen des hohen Tempos?
Innerhalb des Geschäftsgebiets, das einen Großteil Berlins umfasst, kann ich mit der Ladekarte im Handschuhfach an Säulen des Projekts be emobil kostenlos laden. Außerhalb müsste ich selbst zahlen. Zur Not gäbe es im nächsten Ort eine Ladesäule, was auf dem Brandenburger Land allerdings eine Ausnahme ist.
Mit einem Klick auf "Zwischenstopp" versuche ich, den Wagen abzuschließen. Wegen des schwachen 4G-Netzes auf dem Land brauche ich mehrere Versuche. Ohne Empfang lässt sich der Wagen nicht parken. Nach meiner Abkühlung mache ich mich auf den Heimweg. Die Reichweite macht mir Sorgen. Obendrein zwingt mich ein Stau von der Autobahn, was die Strecke verlängert. Doch die geringeren Geschwindigkeiten scheinen Energie zu sparen: Mit 37 Kilometern Restreichweite komme ich zu Hause an, 24 mehr als beim Zwischenstopp angesagt.
Parken kann ich kostenlos auf allen städtischen Parkplätzen. Das Laden erledigt der Kundenservice. Insgesamt war die Fahrt unkompliziert und komfortabel, auch wenn mir der Datenstrom zu Google etwas Unbehagen bereitet.
Mit 19 Cent pro Minute hat die Fahrt 25,84 Euro gekostet, der Zwischenstopp am See 9,31 Euro, plus 1 Euro fĂĽr die Reduzierung des Selbstbehalts. Konventionelles Carsharing kostet etwa das Gleiche. Allerdings bietet WeShare derzeit noch Schnupperpreise. Ab September soll die Minute im Schnitt 29 Cent kosten.
Produkt: WeShare
Anbieter: UMI
Preis: ab 19 Cent pro Minute
(bsc)