Zahlen, bitte! 100 Kilometer - SpaceShipOnes erster privater bemannter Flug ins All

SpaceShipOne hat die privat finanzierte, bemannte Weltraumfahrt eingeleitet, und dabei den X-Prize Preis gewonnen, der für dieses Ziel gestiftet wurde.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 19 Kommentare lesen
Zahlen, bitte! 100 Kilometer - SpaceShipOne's erster privater bemannter Flug ins All
Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Die SpaceShipOne ist ein Weltraumflugzeug, welches erstmals einen Menschen unabhängig von staatlicher Finanzierung über 100 km in den Weltraum brachte.

Die Initialzündung der bemannten, privaten Raumfahrt war der 1996 gestartete Ansari X-Prize. Um den Preis zu gewinnen musste bis zum ersten Januar 2005 die Weltraummission unter folgenden Gesichtspunkten erfolgreich durchgeführt werden:

  • Keine öffentliche Finanzierung: Das Projekt musste komplett privat finanziert werden.
  • Personentransport: Das Raumschiff musste drei Personen in die Thermosphäre und oberhalb der Kármán-Linie (Mindestens 100 km über dem Meeresspiegel) bringen können und alle wieder gesund zurück. Entweder einen Piloten und zwei Passagiere, oder alternativ je 90 kg Ballast statt Passagier.
  • Kosten: Der Flug durfte pro Passagier nicht mehr als 100.000 Dollar kosten.
  • Wiederverwertbarkeit: Innerhalb von zwei Wochen musste mit dem selben Raumschiff ein erneuter Flug dieser Art vollzogen werden.
  • Nachhaltigkeit: Mindestens 90 % des Raumschiffs musste wiederverwendbar sein.
  • Startgebühr: Zur Teilnahme mussten pro Team 1000 Dollar entrichtet werden.
Zahlen, bitte!

In dieser Rubrik stellen wir immer dienstags verblüffende, beeindruckende, informative und witzige Zahlen aus den Bereichen IT, Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Politik und natürlich der Mathematik vor.

Das Preisgeld verteilte sich auf viele Stifterinnen und Stifter und summierte sich auf insgesamt 10 Millionen Dollar. Den größten Anteil davon stiftete die US-iranische Multimillionärin Anousheh Ansari, woraufhin der X-Prize genannte Preis ihr zu Ehren in Ansari X-Prize umbenannt wurde.

Insgesamt beteiligten sich 26 Teams aus sieben Ländern an dem Wettbewerb - wobei manche Konzepte eher an eine Weltraumadaption des Films "die tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten" erinnerte denn an eine ernsthafte Teilnahme. Das war aber auch so von den Machern beabsichtigt.

Die X-Prize Foundation wollte durch die Wettbewerbssituation im Bereich der privaten Weltraumindustrie eine Gründerstimmung und einen Pioniergeist erzeugen, ähnlich wie bei Charles Lindberghs erstem Flug nonstop von New York bis Paris, für den er 1927 den Orteg-Preis gewann.

Bis heute hat X-Prize weitere Wettbewerbe verschiedenster Art ausgerufen, um, laut Gründer Peter Diamondis "radikale Durchbrüche" zum Wohle der Menschheit zu erzeugen.



Das SpaceShipOne im Gleitflug zur Landung auf Mojave Airport. Die Seitlichen Flügel lassen sich hochklappen, um ein kontrolliertes Trudeln beim Wiedereintritt zu ermöglichen.

(Bild: Courtesy of Scaled Composites, LLC)

Gewinner des Ansari X-Prizes war das SpaceShipOne (Model 316), das von der Firma Scaled Composites entwickelt wurde. Entwickler war Raumfahrtpionier Burt Rutan, einer der größten Geldgeber Microsoft-Mitbegründer Paul Allen.

Mehr Infos

Besatzung: 1 (Pilot)
Passagiere: 2

Maße:
Länge: 8,5 m
Spannweite: 5,0 m
Höhe: 2,7m
Flügelfläche: 15 m²

Gewicht:
Gesamtgewicht: 3600 kg
Leergewicht: 1200 kg

Leistung:
Triebwerksbrennzeit: bis zu 84 Sekunden
Maximalgeschwindigkeit: Mach 3,09 (3500 km/h)

Erstflüge:
20. Mai 2003 (am Trägerflugzeug)
27. August 2003 (Gleitflug)
17. Dezember 2003 (mit Zündung des Raketentriebwerks)
21. Juni 2004 (erster bemannter Weltraumflug)

Ansari X-Prize Flüge:
29. September 2004 (Flug 1)
04. Oktober 2004 (Flug 2 und Gewinn des Ansari X-Prize-Preisgeld)

Das Raumflugzeug wurde mit dem speziell entwickeltem Trägerflugzeug White Knight per Huckepack-Verfahren auf eine Flughöhe von etwa 15 Kilometer gebracht. Zum Start wurde das SpaceShipOne ausgeklinkt und der Raketenantrieb gestartet, indem hydroxyl-terminierten Polybutadiene-Festbrennstoff Distickstoffmonoxid als Oxidator hinzugeführt und gezündet wurde.

Das brachte dem Raumflugzeug bis zu 84 Sekunden Schub und eine Geschwindigkeit von bis zu Mach 3,09 - es erreichte dadurch mit bis zu 112 km über dem Meeresspiegel den Weltraum. Im Parabelflug kehrte SpaceShipOne dann zur Erde zurück und landete wie ein Segelflugzeug.

SpaceShipOne Huckepack auf dem Trägerflugzeug White Knight

(Bild: Courtesy of Scaled Composites, LLC)

Am 29. September sowie am 4. Oktober 2004 flog SpaceShipOne über 100 Kilometer und erreichte damit als erstes Raumflugzeug alle Bedingungen, um den Ansari X-Preis zu erreichen. Das Ziel war erreicht und der Weltraumflug als Ziel für private Unternehmungen schien zum Greifen nahe.

Allerdings zog sich die Weiterentwicklung hin; mehrere Unglücke warfen den Zeitplan jeweils um Jahre zurück. 2007 starben drei Mitarbeiter bei einer Explosion des Antriebs bei Bodentests. Nachfolger SpaceShipTwo, von Virgin Galactic entwickelt, hatte 2010 erst seinen Erstflug und sollte eigentlich 2014 nach allen Tests nun Touristen in den Weltraum bringen. Kurz vor der Zulassung durchkreuzte ein Absturz des Testflugzeugs VSS Enterprise, bei dem ein Pilot starb, alle Pläne. Ursache für den Absturz waren stressbedingte Pilotenfehler und unzureichende Sicherungsmaßnahmen gegen Fehlbedienung.

2018 gelang erstmals wieder ein Flug in den Weltraum via SpaceShipTwo. Wann die Tests abgeschlossen sind und Passagiere mitgeführt werden können, ist noch unklar.

Die ebenfalls privat entwickelte SpaceX-Raumkapsel Crew Dragon erlitt allerdings auch einen Rückschlag, sodass hier ebenfalls unklar ist, wann erstmals Menschen zur ISS gebracht werden können. Bei aller Zukunftseuphorie erinnern die Unglücke daran, dass Weltraumflüge hochgefährlich sind und bleiben. (mawi)