Höhere Gierrate

Fahrbericht VW T-Roc R

Volkswagen stattet den T-Roc mit dem Motor des Golf R aus. Vermutlich ist das Angebot des Crossovers in der R-Palette dem Run auf die SUVs geschuldet. Eine vernünftigere Erklärung als eine Verbreiterung des Angebots an seiner einträglichsten Seite gibt es dafür jedenfalls nicht

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  • Wolfgang Gomoll; press-inform
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Volkswagen stattet den T-Roc mit dem Motor des Golf R aus. Trotz intensiver Überarbeitung merkt man ihm natürlich weiterhin den Crossover an. Die Physik lässt sich eben nicht aushebeln. Doch vermutlich ist das Angebot eines Crossover-Modells in der R-Palette ohnehin einzig dem ungebrochenen Run auf die SUVs geschuldet. Eine vernünftigere Erklärung als eine Verbreiterung des Angebots an seiner einträglichsten Seite gibt es dafür jedenfalls nicht.

Jost Capito leitet seit Juni 2017 Volkswagens R-Abteilung und zeigt nun mit dem VW T Roc R, dass sich Fahrdynamik auch bei Volkswagen ab sofort nicht mehr in den dafür eigentlich sinnvollsten Karosserieformen abzuspielen braucht. Denn der T-Roc (Test) ist ein Crossover – also ein Auto mit einer hohen Karosserie auf einem Fahrwerk mit mehr Bodenfreiheit. Nun mit dem Vierzylinder-Turbo des Golf R. Als „Golf R auf Stelzen“ will Capito den T-Roc R aber nicht verstanden wissen und antwortet mit Nachdruck: „Der T Roc R soll ein Landstraßenräuber sein.“

Die Dachlast musste bleiben

„Wir haben beim Fahrwerk sehr viel Entwicklungsaufwand betrieben“, erklärt Capito und berichtet von endlosen Abstimmungsfahrten auf der Nordschleife des Nürburgrings mit dem einen Ziel, den 4,35 Meter messenden T-Roc mit seinen 1575 Kilogramm fit für die Landstraße zu bekommen. Dass die Dachlast von 75 Kilogramm beibehalten werden musste, machte die Aufgabe nicht einfacher. Schließlich sollen sportlich aktive Kunden weiterhin ihre Räder in die Berge mitnehmen und einen Wohnwagen ziehen können.

Auf der Autobahn schlägt sich der T Roc R dank seiner 221 kW / 300 PS mit einer Sprintzeit von 4,8 Sekunden und einer Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h schon mal sehr wacker. Die Fahrbarkeit profitiert spürbar von einer unglaublich elastischen Kraftabgabe: Das Höchstdrehmoment des aufgeladenen Vierzylinders von 400 Nm reicht von 2000 bis 5200/min. Eine optionale Akrapovič-Sportauspuffanlage erlaubt eine technisch völlig unnötige Veränderung des Klangspektrums von kernig bis bollernd – innerhalb der Normwerte natürlich. Der Durchschnittsverbrauch beträgt 7,7 Liter pro 100 Kilometer – ebenfalls im Rahmen der Norm und damit weit unterhalb dessen, was man damit sonst so verbläst. Wie viel das ungefähr ist, wollen wir nach der kurzen Probefahrt noch nicht einschätzen. Es bleibt trotz der bereits möglichen Einstufung in die Euro 6d weiterhin bei Euro 6d temp, die noch bis nächtes Jahr vergeben werden kann.

Tricksen mit der Haldexkupplung

Im Fahrmodus „Comfort“ geht es trotz der 19-Zoll-Reifen im 40er Querschnitt recht entspannt-komfortabel voran. Interessant wird es auf der kurvigen Nebenstraße, schließlich soll der T Roc-R hier die Dynamik-Grenze eines SUVs noch oben verschieben. Der Allradantrieb mit Haldexkupplung ist dabei ein zentraler Stellhebel. Wenn geradeaus geht, läuft die Antriebskraft über die Vorderräder, doch bereits bei geringstem Schlupf beteiligt sich die Hinterachse am Vortrieb. Um dem Crossover die Untersteuerneigung möglichst weit auszutreiben, lassen die Techniker eine höhere Gierrate (Drehung um die Hochachse) zu, lassen die Haldexkupplung mehr Drehmoment nach hinten durchreichen und verleihen so dem Heck mehr Eigenständigkeit. Das soll im R-Modell den Fahrspaß steigern.

Schaltet man den T-Roc mit dem „Race“ Modus scharf, geht es wirklich flott um die Ecken, allerdings lässt sich die Untersteuerneigung, der hohe Schwerpunkt sowie der Radstand (2,59 Meter) nicht ganz wegkaschieren und der hochbeinige Volkswagen beginnt irgendwann über die Vorderräder zu schieben. Zudem bietet die Lenkung im R-Modus höhere Rückstellkräfte.

Wir fanden eine individuelle Konfigurationsmöglichkeit angenehmer: Gasannahme und das Siebengang Doppelkupplungsgetriebe auf „Sport“, die präzise Lenkung auf „Normal“ und die adaptiven Dämpfer je nach Straßenbelag einzustellen. Im ESP-Untermenü findet sich die Einstellung „Sport“, die leichte Heckschwenks zulässt und das Gefühl einer besseren Balance herstellt. Die Bremse, unverändert übernommen aus dem Performance Paket des Golf R lässt sich angenehm feinfühlig dosieren.

Bedienung nicht mehr brandaktuell

Die Sitze sind bequem und das Infotainment mit dem acht Zoll kapazitiven Touchscreen, dessen Bedienfelder schon bei der Annäherung der Hand aufpoppen, lässt bei der Bedienung wenig Rätsel offen. Allerdings bieten die Grafik und die Darstellung kein aktuelles VW-Niveau mehr und das Hartplastik-Cockpit schmeichelt mit den farbigen Applikationen vielleicht dem Auge, aber nicht dem Tastsinn. Dass sich Smartphones per Android Auto oder Apple CarPlay einbinden lassen, gehört heutzutage bei einem Fahrzeug dieser Preisklasse zum guten Ton. Bei den Assistenzsystemen bietet der T-Roc einiges: LED-Licht, adaptiver Tempomat mit Stop-and-Go-Funktion, Spurhalte-Assistent, Totwinkelwarner und einen Notbremsassistenten. Ab sofort ist der T-Roc R bestellbar, für nicht ganz billige 43.995 Euro. (fpi)