Einkauf mit Sternchen

Lebensmittel im Internet einkaufen? Im Prinzip ja, aber...

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Hektischer Alltag, die Termindichte steigt gefühlt gegen unendlich und ich komme einfach nicht hinterher – bewege mich nicht von der Stelle, wie ein Hamster im Laufrad. Heißt auch: Keine Zeit für Omi einzukaufen. Die alte Dame ist mittlerweile so wacklig auf den Beinen, dass sie Besorgungen im Supermarkt entweder in Begleitung erledigt, oder lieber gleich komplett deligiert.

Kein Problem, denke ich. Im 21. Jahrhundert kann ich das ja online erledigen. Zwischendurch mal kurz am Rechner bestellen und zum Wunschtermin liefern lassen. Es lebe der Fortschritt, denke ich.

Eine gute Stunde später denke ich das nicht mehr. Es gibt zwar spezielle Online-Dienste, die mir verraten, welcher Supermarkt in welchem Postleitzahlgebiet nach Hause liefert – und das sind immerhin acht Stück. Zwei davon sind aber Drogeriemärkte. Das nützt schon mal nichts. Drei liefern nur Trockenware – bleiben drei Vollsortiment-Lieferer. Zwei davon sind Online-Plattformen, die per Paket liefern. Frühestens in zwei Tagen. Bleibt einer mit Vollsortiment und eigenem Lieferservice.

Immerhin.

Die Website sieht nicht schlecht aus. Gut, die Liefergebühren sind abhängig vom Zeitslot, aber das kann ich ja planen, und Omi ist ja eh zu Hause.

Ich kann sogar Favoriten definieren; das würde im Wiederholungsfall 'ne Menge Zeit sparen, aber dazu muss ich erst einen Kundenaccount anlegen. Geschenkt, kenne ich ja schon. Jetzt aussuchen. Hmmm... das ist zwar ein Vollsortiment, aber nicht das vollständige Sortiment. Dafür kann ich vegan und nachhaltig einkaufen. Jetzt zur Kasse – ach ne, geht nicht, der Mindestbestellwert beträgt 50 Euro. Schön, dass ich das auch mal erfahre.

Dass der Online-Handel mit Lebensmitteln in Deutschland hinter den Erwartungen zurück bleibt, hängt sicherlich damit zusammen, dass dies hier ein hartes Pflaster für den Lebensmittelhandel ist. Die Dichte der Supermärkte ist verdammt hoch, die Gewinnspannen sind klein, und die Konkurrenz kämpft erbittert um jedes Prozent Marktanteil.

Nach meiner ersten, kurzen Erfahrung mit Online-Lebensmittelhändlern denke ich aber auch, dass das ein hausgemachtes Problem ist. Die einschlägigen Angebote sind nicht wirklich kundenfreundlich und beinhalten gerne mal Einschränkungen, die man erst auf den dritten order vierten Blick erkennt. Das kommt für mein Gefühl direkt aus der Sternchenhölle für Mobilfunkverträge. Erschwerend kommt hinzu, dass die für den Online-Handel zuständigen Manager sich offenbar nur an eine Zielgruppe für ihr Business vorstellen können: Junge, urbane, gut verdienende Hipster.

Dabei wächst die Kundschaft am anderen Ende der Demografie-Kurve. Man muss die Dinge ja nicht gleich so dramatisch schildern wie Ewa Wołkanowska-Kołodziej, die in der jüngsten Ausgabe des Magazins "Reportagen" über polnische Rentner schreibt, die ihre Wohnung nur noch selten oder gar nicht mehr verlassen – weil sie das körperlich gar nicht mehr schaffen. Aber wer weiß, vielleicht ist es einfach noch ein bisschen früh. Irgendwann werden auch die jungdynamischen BWLer und die Coder aus dem Coworkingspace 50. Dann sehen wir mal weiter.

(wst)