Schizo-Zündung

Test: Mazda 3 Skyactiv-X 2.0 M Hybrid

Der neue Mazda3 ist nicht nur ein neuer Hingucker in der Golf-Klasse, sondern wird auch vom ersten serienmäßigen Benzinselbstzünder angetrieben. Wie fährt sich der in jeder Hinsicht ungewöhnliche Golf-Gegner?

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Mazda3 Skyactiv-X 2.0 M Hybrid 26 Bilder

(Bild: Pillau)

Lesezeit: 14 Min.
Von
  • Christian Lorenz
Inhaltsverzeichnis

In den vergangenen Jahren haben uns einige Testwagen von Mazda positiv überrascht. Sowohl der CX-5 wie auch der 6er-Kombi fuhren sich sehr angenehm – erstaunlich eigentlich, dass nicht mehr Interessenten sie auf ihrem Wunschzettel haben. Gilt das auch für den expressiv gezeichneten Mazda 3? Immerhin hat der als erster einen serienmäßigen Benziner mit Selbstzündung, auch Diesotto genannt, zu bieten. Im Test wollten wir wissen, was der Kunde davon hat.

E10-Liebhaber

Zunächst gibt der Überführungsfahrer zusammen mit dem Schlüssel für den brandneuen Mazda 3 im markentypischen Rot-Metallic den Hinweis auf den Weg, man solle tunlichst E10-Benzin tanken. Der Techniker, der ihm den Wagen am Morgen mit nahezu jungfräulichem Kilometerstand übergeben hat, habe extra darauf hingewiesen. Schon das ist ungewöhnlich, denn der E10-Kraftstoff hat ja einen geringeren Brennwert – der Verbrauch ist damit also minimal höher. Solche Kleinigkeiten untermauern, dass der Fünftürer mit dem dynamischen Buckel etwas ganz Besonderes ist. Optisch könnte ich mir den Dreier auch mit einem Alfa-Scudetto als Giulietta-Nachfolger vorstellen. Zumal das Rundheck etwas vom Alfasud hat.

Das Äußere des Golf-Gegners mag polarisieren. Vor allem die großblechige Seitenansicht gefällt mir live aber viel besser als auf den meisten Pressefotos. Der Innenraum dagegen überrascht mit einer in dieser Klasse überdurchschnittlichen Qualität. Eine edle, reduzierte Formensprache, feine Materialien und eine sehr penible Verarbeitung: Hier fühlt man sich auf Anhieb mindestens so wohl wie in manchem erheblich teureren, selbsternannten Premiumfahrzeug.

Doppelzündung

Auch Volkswagen und Daimler experimentieren schon geraume Zeit mit dem Benzinselbstzünder, der Diesotto-Technologie. Mazda hat es aber erstmals geschafft, diese Technik in Serie anzubieten. Der Vorteil gegenüber einem regulären, fremdzündenden Benziner liegt theoretisch in niedrigen Verbrauchswerten und weniger Abgasen. Zudem macht es eine vergleichsweise „saubere“ Verbrennung beim Diesotto möglich, die Abgasnachbehandlung auf ein Minimum zu beschränken. Das spart Kosten und verhindert Manipulationsmöglichkeiten.

Um einen niedrigen Verbrauch wie bei einem Diesel zu erreichen, ist ein besonders „magerer“ Betrieb notwendig. Das heißt, das Kraftstoff-Luft-Gemisch im Zylinder muss einen vergleichsweise hohen Luftanteil haben. Im Normalfall kommen 14,7 kg Luft auf 1 kg Sprit – im Mazda liegt der Luftanteil jedoch höher.

Hier liegt die Problematik, an der der Diesotto bislang immer scheiterte. Beim Benziner mit einer ähnlich hohen Verdichtung wie im Diesel gelingt zwar problemlos eine Selbstentzündung des Kraftstoff-Luft-Gemisches. Doch die muss kontrolliert ablaufen, sonst drohen kapitale Schäden. Mazda löst dieses Problem [update 29.10.19] durch ein sogenanntes homogenes Gemisch, in dem den Kraftstoffmolekülen immer genügend Reaktionspartner aus der Ansaugluft zur Verfügung stehen sollen. Dieses angestrebte Gemisch ist allerdings nie wirklich völlig homogen. Um die Kerze ist es fetter, damit sie diesen Teil entzünden kann. Die Druckwelle aus dieser Verbrennung entflammt dann den für eine Funkenzündung eigentlich unsensiblen Rest. In anderen Betriebszuständen wird die Bedingung "homogenes Gemisch" unter Umständen gar nicht erreicht. Dann läuft der Motor ganz ohne Selbstzündung nur mit der herkömmlichen Funkenzündung. Die Bezeichnung "Selbstzünder" jedoch ist wenigstens für den angestrebten Betriebsbereich immer noch berechtigt, denn ohne Selbstzündung würde es dann nicht funktionieren. [/update]

Fett um die Kerze

Kurz vor dem oberen Totpunkt wird ein zweites Mal eingespritzt. Ziel ist ein fettes Gemisch rund um die Zündkerze – ganz so, wie es bei vielen konventionellen Direkteinspritzern mit inhomogener Gemischbildung ist. Inzwischen sind viele Hersteller davon wieder abgerückt, denn die inhomogene Verteilung vergrößert den Aufwand bei der Abgasnachbehandlung. Mit dem mageren Gemischanteil im Brennraum steigt die Temperatur und damit auch der Stickoxidgehalt. Mazda hat das gut im Griff: Als einer der wenigen Autos erfüllt der 3er schon die Abgasnorm Euro 6d. Viele Konkurrenten sind noch bei der Euro 6d-Temp, die zwar für alle erstmals zugelassenen Autos erst seit September 2019 Pflicht ist, absehbar aber schon wieder obsolet: Autos mit dieser Norm müssen in der EU bis Ende nächsten Jahres erstmals zugelassen sein, ab Januar 2021 ist die Euro 6d Pflicht für alle Neuzulassungen.