Schlüssel für die Verkehrswende: Die E-Mobilität endlich zum Erfolg führen

Neben einer Elektrifizierung des Verkehrs halten Experten auch eine nutzungsabhängige Pkw- und City-Maut für ein wichtiges Leitprojekt der Mobilitätswende.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 114 Kommentare lesen
Verkehr, Autos, Infrastruktur

(Bild: fuyu liu / shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Christian Hochfeld, Geschäftsführer der Berliner Denkfabrik "Agora Verkehrswende", hält nichts von "Technikoffenheit" in der Elektromobilität. Auf der Konferenz "Baustelle Mobilität: Leitprojekte für die Verkehrswende" der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin meinte er, der Ruf etwa nach Brennstoffzellen oder Wasserstoff lege sich da nur "wie Raureif über die gesamte dringliche Entwicklung". Langfristig sei es zwar sinnvoll, auch in andere Technik zu investieren, meinte Hochfeld. Es gebe aber aktuell für den Pkw "die einsatzreifen Brennstoffzellen nicht". Daher sei es auch für die Konzerne besser, sich auf eines zu konzentrieren.

Die E-Mobilität habe dafür beste Voraussetzungen, da sie auch "zur Minderung der Treibhausgase über den gesamten Lebenszyklus" hinweg beitrage. Voraussetzung dafür sei, "dass wir beim Ausbau von Wind und Sonne weitermachen". Es gehe also darum, die Sektoren Energie und Verkehr stärker zu koppeln und die Ladeinfrastruktur auszubauen. Die Energiewende im Verkehr reiche aber nicht aus: "Es gibt nicht genügend erneuerbare Energien, um den Bedarf im Verkehrsbereich klimaneutral zu decken."

Im Verkehr müsse laut Hochfeld die Grundversorgung mit dem ÖPNV und gemeinschaftlichen Fahrdiensten auf Abruf sowie Carsharing erfolgen. Wenn jemand zusätzlich mit dem privaten Pkw unterwegs sein wolle, müsse dies "preislich entsprechend abgebildet werden". Das Autofahren sei bisher nicht so teuer wie die Kosten, die es etwa in den Städten erzeuge. Die Preise für Parkgebühren pro Stunde seien gleichgeblieben, die für ÖPNV-Tickets dagegen deutlich gestiegen.

Mit dem Klimaschutzpaket habe die große Koalition zwar geblinkt, die Ausfahrt aber verpasst, monierte Hochfeld. So hätte es etwa einen "höheren CO2-Preis gebraucht, der klare Verhaltensänderungen induziert". Parallel hätte der Strompreis gesenkt werden müssen. Auch eine nutzungsabhängige Pkw-Maut müsse her. Die Schienen- und Radweginfrastruktur müsse zudem stärker ausgebaut, die Projektumsetzung besser überwacht werden. Die vielkritisierten E-Scooter führten zumindest allen vor Augen, dass "die wahren Probleme bei parkenden Pkws" lägen.

"Wir müssen vor allem an den ruhenden Verkehr ran, auch mit Restriktionen", stimmte Susanne Henckel ein, Geschäftsführerin des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg (VBB). Der öffentliche Raum werde derzeit etwa mit Anwohnerparkausweisen noch sehr preisgünstig verscheuert. Städteplaner müssten daher "Flächen vom Pkw-Verkehr zurückerobern" und auch wieder attraktiver für Fußgänger machen.

Dank des Klimapakets "kriegen wir jetzt so viele Mittel zur Verfügung gestellt wie noch nie", konstatierte Henckel. Die Gelder müssten aber bis Ende 2020 schon wieder ausgegeben werden, was mit dem etwas längerfristigen Planungsbedarf im ÖPNV nicht harmoniere.

Als "größten Hebel" für die Verkehrswende bezeichnete Holger Lösch, Vizegeschäftsführer des Bundesverbands der deutschen Industrie (BDI), den Antriebswechsel hin zur Elektromobilität und Brennstoffzelle. Auf das E-Auto allein will er nicht setzen, drängte auf eine "Vielfalt von Instrumenten, Anreizen und Technik". Nötig seien etwa CO2-arme Alternativen für Benzin und Diesel und bei der geplanten Wasserstoff-Strategie der Bundesregierung sehe er hierfür "gute Anstöße".

Eine "passgenaue Mobilität" mit mehr Effizienz, Digitalisierung und Verkehrsmanagement hat Lösch ebenfalls auf dem Zettel, die Kritik am Klimaschutzpaket wollte er aber nicht teilen. Mit dem seit 20 Jahren bestehenden Emissionshandel gebe es schon "horrende CO2-Preise bei Kraftstoffen". Letztlich werde keine Regierung in der Lage sein, "die CO2-Preise aufzurufen, die eine verlässliche Reduktionswirkung erzeugen". Dabei handle es sich nicht um einen "Wahlkampfschlager". (anw)