Kostenloser Nahverkehr in Hannover für einen Tag: Test für die Verkehrswende?

Hannover will die Verkehrswende am ersten Adventssamstag durchspielen: In der Region darf man für einen Tag kostenlos Bus und Bahn fahren. Es gibt auch Kritik.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 207 Kommentare lesen
Kostenloser ÖPNV in Hannover für einen Tag: Verkehrswende im Miniformat?

(Bild: Free-Photos)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • dpa

Ein Tag kostenfrei mit Bus und Bahn: Die Region Hannover will mit einem Großversuch am ersten Adventssamstag Erkenntnisse für die Verkehrswende sammeln und plant dafür etliche Maßnahmen. "Wir wollen all das anpacken, was irgendwer jemals als Ausrede gegeben hat, warum er nicht mit dem Nahverkehr fährt", sagte Ulf Birger-Franz, Verkehrsdezernent der Region, am Montag in Hannover.

Nicht nur kostenlosen Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) will die Region Hannover anbieten – sondern auch begleitende Maßnahmen, die den Nahverkehr für überzeugte Autofahrer attraktiver machen sollen. Der hannoversche Verkehrsbetrieb ÜSTRA plant, die Kapazitäten von Stadtbahnen und -bussen um rund 50 Prozent zu erhöhen, viele Linien sollen enger getaktet werden. Zusätzlich sollen 2500 zusätzliche Park&Ride-Parkplätze eingerichtet werden, indem Mitarbeiterparkplätze verschiedener Firmen und Parkplätze der Messe genutzt werden sollen. Straßen sollen für den Individualverkehr gesperrt werden, damit Busse und Bahnen besser durchkommen.

Kosten von mehr als 600.000 Euro plant die Region Hannover für den Aktionstag ein. Zu den erwarteten Einnahmeausfällen von 365.000 Euro kämen Ausgaben für zusätzliche Busse und Bahnen, Marketing und Straßensperrungen hinzu. Das Geld müsse die Region aber nicht zusätzlich aufbringen, es sei schon in den vorhandenen Budgets enthalten, erklärte Birger-Franz.

Mehr Infos

Die Abgeordneten haben sich auf Basis mehrerer Anträge der Opposition zur Verkehrswende einen heftigen Schlagabtausch über die Zukunft des Autos geliefert.

"Wir gehen jetzt zum ersten Mal ein bisschen in Konkurrenz zum Individualverkehr", sagte Conrad Vinken, Fachbereichsleiter Verkehr bei der Region Hannover. Von dem Großversuch erwarte er "viele Erkenntnisse für die Verkehrswende." Ein Marktforschungsunternehmen soll an dem Tag 500 Passanten interviewen und deren Erfahrungen auswerten. Versuche mit kostenlosem ÖPNV an Adventswochenenden soll es zwar auch in Städten wie Karlsruhe und Münster geben, sagte Ulf Mattern, der Geschäftsführer des Großraum-Verkehr Hannover. Hannover sei aber die einzige Stadt, die bei dem Versuch auch die Region einbindet.

Als "völlig falsches Signal" bezeichnete Thorsten Bullerdiek vom Niedersächsischen Städte- und Gemeindebund die Aktion. Damit werde den Menschen vorgegaukelt, dass der kostenfreie Nahverkehr einfach umsetzbar wäre – dem sei nicht so. Zudem bemängelte Bullerdiek, dass ein kostenfreier Nahverkehr in den Städten auch mit den Steuermitteln aus dem Umkreis finanziert werde, während auf dem Land oft noch Bus und Bahn fehlten.

Verkehrsdezernent Birger-Franz wies hingegen darauf hin, dass auch kleinere Städte im Umland von Hannover von dem Tag profitieren würden, da auch diese kostenlos angefahren werden. Grundsätzlich gehe es erst einmal um einen Versuch: "Unsere Bürgerinnen und Bürger wissen schon, dass es jetzt nicht jeden Tag kostenlosen Nahverkehr geben wird." (tiw)