CO2-Ausgleich: Mehr Spenden für Klimaschutzorganisationen Atmosfair und Arktik

Langstreckenflug in den Urlaub oder eine 14-tägige Kreuzfahrt: Immer mehr Menschen plagt danach ihr (Umwelt-)Gewissen – und zahlen dafür einen Ausgleich.

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CO2-Ausgleich: Kimaschutzorganisationen Atmosfair und Arktik mit Spendenzuwachs

(Bild: Airbus)

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  • dpa
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Das Jahr der großen Demonstrationen von Fridays for Future hat auch den Klimaschutzorganisationen Atmosfair und Arktik mehr Zulauf beschert. Nach Angaben von Atmosfair werden dort in diesem Jahr wieder deutlich mehr Bürger und Unternehmen über Spenden die Treibhausgase ausgleichen, die sie mit ihren Reisen verursachen. Das Umweltbundesamt weist darauf hin, dass diese Kompensationen zwar sinnvoll sein können, aber keine Lösung für die Klimakrise darstellen. Auf der UN-Klimakonferenz in Madrid, die am Montag begann, wollen die Staaten darüber beraten, nach welchen Regeln ein internationaler Markt im Klimaschutz funktionieren kann.

Atmosfair liege bereits jetzt über dem Vorjahreswert von 9,75 Millionen Euro an Ausgleichszahlungen, sagte die Sprecherin der Klimaschutzorganisation, Julia Zhu, der dpa. Dabei gingen neben der Haupturlaubssaison auch in der Zeit um Weihnachten besonders viele Spenden ein. "Auch die Fridays-for-Future-Bewegung hat sich deutlich bemerkbar gemacht", sagte die Sprecherin.

Der Hamburger Anbieter Arktik kann nach Angaben eines Sprechers ebenfalls einen leichten Anstieg der Kompensationen von Privatkunden für Flugreisen und Autofahrten verzeichnen. "Dieser Anstieg begann im heißen Sommer 2018 und ist seitdem relativ stabil", sagte er der dpa. Konkrete Zahlen nannte er nicht. Atmosfair und Arktik sind zwei von mehreren Anbietern, bei denen sich Flüge, Kreuzfahrten und anderes quasi kompensieren lassen, indem Geld gespendet wird. Damit werden weltweit Projekte etwa zum Energiesparen oder zur Erzeugung von Ökostrom gefördert.

Eine Kompensation kann nach Ansicht eines Experten des Umweltbundesamtes einen zusätzlichen privaten Beitrag zum Klimaschutz erbringen. Als Rechtfertigung für unverändertes, klimaschädliches Verhalten solle sie aber nicht verstanden werden, sagte Frank Wolke. Vielmehr sollte aus seiner Sicht vor jeder Kompensation die Frage stehen, inwieweit die eigenen Emissionen völlig vermieden oder zumindest vermindert werden können.

Kunden sollten laut Wolke auch darauf achten, dass die Organisationen ihre Vorgehensweisen und Mittelverwendung transparent machen. Wichtig sei außerdem, dass es das per Spende geförderte Klimaschutzprojekt ohne individuelle finanzielle Unterstützung nicht gegeben hätte, die Zahlung also zu einer zusätzlichen Emissionsminderung führe.

Das Umweltbundesamt kompensiert die Dienstreisen der Bundesregierung über sogenannte Emissionsgutschriften. Damit werden nach Wolkes Aussage unter anderem Haushaltsbiogasprojekte, effiziente Kochöfen und Projekte für sauberes Trinkwasser gefördert.

Auf der UN-Klimakonferenz soll nun unter anderem weiter festgelegt werden, wie mit Klimaschutz gehandelt werden kann. Wenn ein Staat seine Ziele übererfüllt, kann er sozusagen ein ungenutztes CO2-Budget verkaufen – und andere Staaten, bei denen es langsamer geht, können es kaufen. Auch Fluggesellschaften und andere Akteure könnten Klimaschutz finanzieren und damit ihre Klimabilanz verbessern.

Atmosfair erwartet für 2019 ein noch stärkeres Wachstum als im Vorjahr, als die Zahlungen verglichen mit 2017 um rund drei Millionen Euro anstiegen. Der Hauptteil der Einnahmen entfalle auf die Flugkompensation, so Zhu.

Die sogenannte Flugscham, das schlechte Gewissen beim Fliegen, scheint in den Köpfen von mehr Menschen angekommen zu sein. Die Zahl der Passagiere hat dieser Effekt bisher aber noch nicht reduziert: Fast 58,9 Millionen Passagiere reisten nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in den ersten sechs Monaten dieses Jahres von den 24 deutschen Hauptverkehrsflughäfen ab – ein Rekord. Auch der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) stellt nach Angaben aus dem Juli keinen Rückgang fest, der mit der Klimaschutzdiskussion zusammenhinge.

Von der Klimakonferenz in Madrid erwartet der Klimaforscher Mojib Latif keine verbindlichen Beschlüsse. Vielmehr sei es ein Vorbereitungstreffen für die Folgekonferenz in Glasgow. "Mehr als schöne Worte wird es auch diesmal nicht geben", sagte Latif der Rhein-Neckar-Zeitung – dabei sei der Handlungsdruck größer denn je. Die Emissionen müssten Jahr für Jahr zwischen sieben und acht Prozent sinken, würden aber weiter steigen. Um den Trend zu stoppen, fordert Latif unter anderem einen höheren CO2-Preis. (olb)